Besuche mit Hindernissen
IN Frankreich sind die unter halbprivater Verwaltung stehenden Haftanstalten mit öffentlichen Verkehrsmitteln oft nur schlecht zu erreichen. Das größte Hindernis für Besucher sind aber die bürokratischen Schikanen. Beim Untersuchungsgefängnis von Fleury Mérogis kann man einen Besuchstermin nur für den nächsten Tag beantragen – per Telefon, aber der Anschluß ist praktisch ständig besetzt. Einmal kam die Ehefrau eines Häftlings nach 77 vergeblichen Versuchen erst durch, als sie es am Ende über den Apparat der Gefängnisleitung versuchte.
Auch die Antwort auf einen Besuchsantrag erfolgt nur telefonisch. Wird ein Besuch gestrichen, werden die Angehörigen nicht benachrichtigt. Die Gefängsnisverwaltung erteilt auch keine allgemeinen Auskünfte: Niemand weiß, an welchen Tagen und zu welcher Uhrzeit in welchem Trakt Besuchszeit ist und auf wie viele Besuche ein Häftling Anspruch hat. Als Warteraum dient ein Container, der letztes Jahr zwei bis drei Monate wegen Malerarbeiten geschlossen war. Toiletten gibt es nicht; Besucher müssen ihre Notdurft auf der Wiese verrichten.
Die Verlegung der Häftlinge des Untersuchungsgefängnisses von Villeneuve- les-Maguelone in andere Haftanstalten wird den Angehörigen erst sehr spät und manchmal erst hinterher mitgeteilt. Im Untersuchungsgefängnis von Val d'Oise bekommt der Neuankömmling keine Briefmarke, um seine Angehörigen zu benachrichtigen. Im Untersuchungsgefängnis von Lyon bleiben die Briefumschläge nach der Kontrolle geöffnet, so daß die Gefängniswärter die Post der Gefangenen vor Aushändigung an den Adressaten lesen können.
Observatoire international des prisons, Rapport 1998: „Les conditions de détention des personnes incarcérées“, Lyon (OIP) 1998.