11.06.1999

DIE GRÄBER, Srebenica und Vukovar

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DIE GRÄBER, Srebenica und Vukovar

„Bevor sie nicht die Wahrheit kennen, werden sie nicht trauern können“, erläutert eine Psychiaterin 1996 in Tuzla den Seelenzustand der Überlebenden beziehungsweise der Zurückgekehrten. Die Wahrheit, das ist im ehemaligen Jugoslawien auch und gerade die Identifizierung der Toten, der Todesarten und der Schuldigen.

In dem Buch „DIE GRÄBER“, aus dem wir drei Bilder (S. 5 und 6) übernahmen, legen Eric Stover, Leiter des Human Rights Center in San Francisco, und Magnum-Fotograf Gilles Peress eine Foto- und Textreportage über die Arbeit von Gerichtswissenschaftlern in Srebenica und Vukovar vor. Sie rekonstruieren die mühsame Suche nach der Wahrheit über die Toten entlang des „Pfades von Leben und Tod“.

Das Buch schildert, wie schwer es für die Menschen im Lande ist, mit dem Schicksal weiterzuleben: ohne Schuldsprüche, ja, ohne Wahrheit. Denn die Wahrheit, das sind ihre Toten. Was wir lesen und auf den Bildern sehen können, ist der Versuch, der Erde die verschütteten Überreste der Wahrheit abzuringen, das Sterben zu rekonstruieren und den Toten ihre Identität in der Menschheit zurückzugeben: Hosen, Taschen, Zähne, Schuhe, Knochen – allem wird, noch ein letztes Mal, eine Würdigung zuteil.

Diese Reportage dokumentiert die Arbeit der Teams, die teilweise über Jahrzehnte an den verschiedenen Verbrechensfronten der Welt geschult wurden. Text und Bild liefern ein eindrückliches Plädoyer für die Einrichtung eines permanenten Internationalen Strafgerichtshofs. M. L. K.

Eric Stover, Gilles Peress, „Die Gräber, Srebenica und Vukovar“, Berlin-Zürich-New York (Scalo) 1998.

Le Monde diplomatique vom 11.06.1999, von M.L.K.