07.08.2014

REPORTER OHNE GRENZEN FÜR PRESSEFREIHEIT Meldungen des Monats

zurück

REPORTER OHNE GRENZEN FÜR PRESSEFREIHEIT Meldungen des Monats

Audio: Artikel vorlesen lassen

Nur schlechte Nachrichten

Seit dem 1. August ist in Russland ein verschärftes Internetgesetz in Kraft. Wenn ein Blog mehr als 3 000 Zugriffe pro Tag hat, muss es sich bei der Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor registrieren lassen. Damit unterliegt es dem Verbot, Personen oder Gruppen „in Misskredit zu bringen“. Das gilt auch für Kommentare von Nutzern, für deren Inhalte der Blogger verantwortlich gemacht wird. Wer Informationen auf Blogs, Twitter oder Facebook verbreitet, muss künftig Namen und E-Mail-Adresse veröffentlichen. Andernfalls drohen Geldstrafen bis zu mehreren tausend Euro. Anfang Juli hat die Staatsduma ein weiteres Gesetz beschlossen, das US-Firmen wie Facebook, YouTube und Twitter zwingen soll, ab 2016 ihre Nutzerdaten auf russischen Servern zu speichern, damit auch der russische Geheimdienst – und nicht nur die NSA– darauf zugreifen kann.

In Deutschland ist ausgerechnet Justizminister Heiko Maas dem Whistleblower Edward Snowden in den Rücken gefallen. Der Sozialdemokrat riet dem in Moskau lebenden US-Amerikaner, sich in seinem Heimatland der Justiz zu stellen, obwohl er dort mit einer langjährigen Haftstrafe rechnen muss. Dazu erklärt die deutsche Sektion von RoG, gerade ein Justizminister solle sich stattdessen „öffentlich dafür einsetzen, dass die Bundesregierung Snowden sicheren Aufenthalt in Deutschland garantiert“. RoG fordert die Berliner Regierung auf, die Frage zu beantworten, wie Journalisten „sich künftig wieder auf ihren besonderen Schutz verlassen können und wie besonders schutzwürdige Gruppen wie Menschenrechtsorganisationen in Zukunft sicher kommunizieren können“.

Ein krasser Fall von Medienzensur wurde in Australien aufgedeckt. Wie am 29. Juli herauskam, verfügte das oberste Gericht des Bundesstaats Victoria am 19. Juni, dass keinerlei Informationen über einen anhängigen Prozess verbreitet werden dürfen. Dabei geht es um die Anklage gegen sieben Bankdirektoren mit Verbindungen zur australischen Zentralbank. Sie sollen hohe Bestechungssummen an 17 Staatsoberhäupter und Regierungsmitglieder asiatischer Länder wie Malaysia, Indonesien und Vietnam gezahlt haben, um Aufträge zur Herstellung von Banknoten aus Kunststoff an Land zu ziehen. Der Gerichtsbeschluss verbietet allen Medien, aber auch Privatpersonen, den Justizfall auch nur zu erwähnen. Begründet ist der für fünf Jahre geltende Beschluss mit der Gefährdung der „nationalen Sicherheit“ und der „internationalen Beziehungen“ des Landes. Diese Zensurpolitik soll offensichtlich durch neue Gesetze festgeschrieben werden, die die staatliche Sicherheit über das öffentliche Recht auf Information stellen. So hat Generalstaatsanwalt Brandis am 16. Juli einen Gesetzentwurf eingereicht, der ein totales Verbot jeglicher Information über „spezielle nachrichtendienstliche Operationen“ vorsieht, die nicht näher definiert werden. Verstöße sollten mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden.

Le Monde diplomatique vom 07.08.2014