Kämpfer des Herrn
5 000, 20 000 oder 100 000 Tote? 1986 begann die Bewegung „Holy Spirit Movement“, eine Art christliche Sekte, unter der Führung von Alice Lakwena in Uganda mit ihrer Rebellion gegen die Regierung Museveni. Seitdem herrscht Krieg im Norden von Uganda.
Im November 1987 wurde Lakwenas Armee, die „Holy Spirit Mobile Force“, von den Regierungstruppen der National Resistance Army (NRA) geschlagen. Lakwenas Cousin, Joseph Kony, gründete daraufhin im Alter von 26 Jahren die Nachfolgeorganisation Lord’s Resistance Army (LRA). Lakwena, die in diesem Januar in einem kenianischen Flüchtlingslager verstorben ist, wie auch Kony gaben an, vom Heiligen Geist und biblischen Geboten inspiriert zu sein.
Doch der Konflikt spiegelt auch die tief verwurzelte Rivalität zwischen dem Süden des Landes, dem Sitz der Regierungsmacht, und dem Norden wider. Die Spannungen reichen bis in die Kolonialzeit zurück, als die Briten die Volksgruppen gegeneinander ausspielten. So stützt sich die LRA auf die ethnische Minderheit der Acholi im Norden Ugandas. Die Acholi sind Gegner von Präsident Yoweri Museveni, der aus der im Südwesten lebenden Ethnie der Bayankore stammt. Der Staatschef gelangte mit seiner National Resistance Army 1986 an die Macht, als er einen von den Acholi dominierten Militärrat stürzte.
Bis vor kurzem wurde die LRA vom Sudan, dem Nachbarstaat im Norden, unterstützt. Denn Khartum setzte die Rebellen als Miliz gegen die eigenen Aufständischen im Süden ein. 1996 beschloss Ugandas Regierung, für die Bevölkerung „geschützte Lager“ einzurichten, um sie vor dem Terror der LRA zu schützen. Auf diese Weise sollte außerdem verhindert werden, dass die Rebellen Nachwuchs rekrutieren konnten. Es half alles nichts.
Die Massaker an der Zivilbevölkerung gingen weiter, und gewisse Verstümmelungstaktiken erinnerten an den Krieg in Sierra Leone. Zwischen 25 000 und 60 000 Kinder wurden entführt, aus vielen wurden Soldaten der LRA. Tausende andere mussten sich jahrelang nachts aus dem Lager schleichen, um sich vor den „Anwerbern“ in den Straßen von Gulu und anderer Städte des Nordens zu verstecken. Im Land der Acholi, das vom Konflikt am stärksten betroffen ist, sollen 1,5 Millionen Menschen auf der Flucht sein. Die Region ist völlig verwüstet.
Michael Odongior, ugandischer Jurist, beschreibt die trostlose Lage: „Die Leute hier hängen nur noch am Tropf der internationalen Hilfsorganisationen. Die Präsenz des Staates beschränkt sich auf die Armee und auf wenige vor langer Zeit gebaute Straßen.“