Reanimation
von Alain Gresh
Auf ihrem Gipfeltreffen in Riad haben die Staaten der Arabischen Liga am 29. März dem Staat Israel und seinen Bürgern erneut das Angebot direkter und ernsthafter Verhandlungen unterbreitet. In ihrer Resolution bieten sie einen umfassenden Nahostfrieden und die Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und allen arabischen Staaten auf folgender Basis: Rückzug der israelischen Armee aus allen seit 1967 besetzten arabischen Gebieten, ein Palästinenserstaat mit Hauptstadt Ostjerusalem, eine gerechte und einvernehmliche Lösung des Flüchtlingsproblems (nach der UN-Resolution von 1948) und Sicherheit für alle Staaten der Region.
Ein solches Angebot wurde 2002 schon einmal vorgelegt, auf dem Höhepunkt der zweiten Intifada. Damals wies die Regierung Scharon die arabische Initiative zurück, tags darauf begann die israelische Armee mit der Wiederbesetzung des Westjordanlands.
Danach fiel der Friedensprozess in ein langes Koma. Auch nach dem Tod Jassir Arafats und der Wahl des „gemäßigten“ Mahmud Abbas an die Spitze der Autonomiebehörde änderte sich die israelische Haltung nicht. Seitdem hat sich die Lage in der Region deutlich verschärft: Der Irak versinkt im Bürgerkrieg; nach dem 33-Tage-Krieg im Sommer 2006 hat sich die Lage im Libanon zugespitzt; einige sunnitische Führer rufen zum Kampf gegen die „schiitische Gefahr“ auf, die der Machtzuwachs des Iran in ihren Augen bedeutet.
Das Gegenrezept der USA ist ein Bündnis zwischen Israel und „gemäßigten“ arabischen Staaten (Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien). Das aber funktioniert nicht ohne eine „politische Perspektive“ für die Palästinenser, deren Schicksal für alle Araber ein zentrales Anliegen bleibt. Doch die Regierung Bush weigert sich nach wie vor, Druck auf Israel zu machen.
Ehud Olmert, Israels unpopulärster Ministerpräsident aller Zeiten, lehnt es beharrlich ab, mit Mahmud Abbas über die „Endstatus-Fragen“ – Grenzen, Jerusalem, Flüchtlinge – zu verhandeln. Und Condoleezza Rice fiel auf ihrer letzten Rundreise durch die Region nichts Besseres ein, als an die Araber zu appellieren, sie mögen Israel stärker entgegenkommen. „Wundern wir uns nicht,“ kommentierte die in Katar erscheinende Zeitung Al-Rayah sarkastisch, „wenn Frau Rice demnächst die Palästinenser zum Abzug aus Gaza auffordert, damit die Region endlich Frieden hat.“
In Anbetracht der Parteilichkeit der Bush-Regierung wollen die Saudis sich der Umklammerung durch den „amerikanischen Freund“ entwinden. Immerhin brachte Riad das Abkommen von Mekka zwischen Hamas und Fatah zustande, das eine palästinensische Regierung der nationalen Einheit ermöglicht hat. König Abdullah sprach auf dem arabischen Gipfeltreffen erstmals von einer „illegalen ausländischen Besetzung“ des Irak. Und während er Gespräche mit Teheran und der Hisbollah begonnen hat, sagte er seinen für April geplanten Besuch in Washington ab.
Vor diesem Hintergrund ist das erneuerte arabische Friedensangebot zu sehen. Ehud Olmert reagierte zunächst nur mit der Aussage, er sei bereit, sich mit Saudi-Arabien und den gemäßigten arabischen Staaten an einen Tisch zu setzen, was einer verkappten Absage gleichkommt. Zudem beschwor er erneut das Gespenst des „Rückkehrrechts“ für palästinensische Flüchtlinge, obwohl die Erklärung von Riad eine „gerechte und einvernehmliche“ Lösung des Problems fordert, was eindeutig ein Abkommen mit Israel meint.
Der Nahe Osten zögert erneut zwischen Krieg und Frieden. In Israel erklärte kürzlich ein General, der Iran, Syrien und die Hisbollah bereiteten sich auf einen US-Angriff im Sommer vor. Und der neue Generalstabschef hält den Einfluss der Hamas in Gaza für ein Problem, für das „wir eine Lösung finden müssen“.
Es ist also klar, was die Folge sein wird, falls Israel das Angebot der Araber ablehnt: Noch mehr Krieg und Chaos in einer ohnehin verwüsteten Region.