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Hilfe für Afrika?
Die deutsche Regierung hat nach Angaben der Organisation ONE ihre Entwicklungshilfe für Afrika im Jahr 2013 um 13,9 Prozent gekürzt. Für die Länder südlich der Sahara seien die Mittel sogar um 17,4 Prozent zurückgegangen. Mit knapp 3 Milliarden Euro für afrikanische Projekte blieb die Bundesregierung weit hinter ihren Zusagen vom G-8-Gipfel von 2005. Die informelle Verpflichtung der Industrieländer, jährlich 0,7 Prozent ihres BIPs für Entwicklungshilfe aufzuwenden, wird schon seit Jahren missachtet. Mit dem neuen Tiefstand von 0,37 Prozent des BIPs liegt Deutschland sogar noch unter dem EU-Durchschnitt.
Das himmelschreiende Defizit bei der Erfüllung finanzieller Zusagen ist allerdings nur die eine Seite der deutschen und europäischen „Entwicklungspolitik“ gegenüber Afrika. Den langfristigen Interessen vieler angeblicher „Partnerländer“ wäre weit mehr gedient, wenn die EU in ihrer Handelspolitik afrikanische Interessen berücksichtigen würde. Genau das Gegenteil ist der Fall, wie man aus Analysen und Hintergrundberichten in Le Monde diplomatique erfahren kann. Ein Beispiel ist die „Gemeinsame Fischereipolitik“ der Union. Wie Jean-Sébastien Mora aufgezeigt hat, subventioniert die EU europäische Hochleistungstrawler, die in Westafrika die Küstenmeere plündern und einheimische Fischer ruinieren. Sein Text mit dem Titel „Europas Raubzüge zur See“ erschien im Januar 2013. An einem sehr konkreten Beispiel zeigen Mathilde Auvillain und Stefano Liberti in Le Monde diplomatique vom August 2014, wie Agrarimporte aus der EU afrikanischen Bauern die Existenzgrundlage rauben. Ihre Reportage „Tomatensoße für Ghana“ ist in der Ausgabe vom August 2014 nachzulesen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der europäischen Handelspolitik für eine afrikanische Großregion stellt Jacques Berthelot am Beispiel der neuen Wirtschaftsabkommen zwischen der EU und Westafrika dar. Sein Text „Unfair Trade“ ist in Le Monde diplomatique vom September 2014 erschienen.
Die Gleichzeitigkeit schrumpfender Projekthilfe und nachteiliger Handelsverträge bestärkt afrikanische Experten in ihrer grundsätzlichen Skepsis gegenüber dem westlichen Modell von Entwicklungshilfe. In Le Monde diplomatique vom Mai 2014 stellt die Politikwissenschaftlerin Hakima Abbas die Frage „Wer hilft wem?“ und fordert: Afrika braucht seine eigene Entwicklung.