14.09.2007

Venus an den Polen

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Venus an den Polen

Der Transit der Venus nahe bei der Sonne im Jahr 1882 führte auf Anregung des österreichischen Forschers Karl Weyprecht zur Ausrufung des ersten Internationalen Polarjahres. Da die Polarregionen ausgezeichnete astronomische Beobachtungsbedingungen bieten, war es Weyprecht gelungen, die internationale Gemeinschaft zu mobilisieren, die nun verschiedene Expeditionen nach Norden und nach Süden aussandte. Im Anschluss an das dritte Polarjahr 1957–59 wurden die ersten ständigen Niederlassungen in der Antarktis gegründet. Damit begann die Politik der internationalen Kooperation, wie sie für diesen Kontinent typisch ist.

1961 wurde der Antarktis-Vertrag von zwölf Ländern ratifiziert; zu ihnen gehörten die USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und Japan. Die wissenschaftliche Zusammenarbeit funktionierte trotz der internationalen Konflikte in der Zeit des Kalten Krieges ziemlich reibungslos.

Die Ausarbeitung des Vertrags dagegen war schwierig. Am Ende einigte man sich auf einen einheitlichen Status, der die Antarktis zum Land des Friedens und der Forschung macht und zu einer entmilitarisierten Zone. In Artikel 1 heißt es: „Die Antarktis darf nur zu friedlichen Zwecken genutzt werden. Maßnahmen militärischer Art, Durchführung militärischer Manöver sowie die Erprobung von Waffen jeder Art und Kernexplosionen sind verboten.“

Wie in der Arktis gibt es auch am Südpol Spannungen, die von territorialen Ansprüchen herrühren. Diese werden allerdings durch Artikel 4 des Vertrags eingefroren. Bei einer Laufzeit von dreißig Jahren ist der Antarktis-Vertrag 1991 abgelaufen. Im selben Zeitraum war die Ausbeutung von Rohstoffen immer interessanter geworden, da die technologischen Möglichkeiten sich seit 1960 immens weiterentwickelt hatten. Um diese Möglichkeiten zu nutzen, wurde eine Vereinbarung ausgearbeitet, die am 2. Juni 1988 im neuseeländischen Wellington unterschrieben wurde.

Doch dann weigerten sich zuerst Australien und dann Frankreich, die Konvention zu ratifizieren. In Frankreich hatte eine Kampagne des Tiefseeforschers Jacques Cousteau die Regierung Rocar überzeugt, dass in der Antarktis keine Rohstoffe gesucht werden sollten. Die Konvention von Wellington war damit gescheitert.

Seitdem wurden immer mehr Staaten von Notwendigkeit des Schutzes für den Südpol überzeugt. Ein erster Erfolg auf diesem Weg war das Madrider Protokoll von 1991, das 1998 in Kraft trat und eine Ausbeutung von Rohstoffvorkommen für die Dauer von fünfzig Jahren verbietet. Heute bekennen sich über 45 Länder zum „System Antarktis“, das durch einen Gründungsvertrag und das Protokoll von Madrid definiert wird. Damit ist es dank des Engagements von zunächst nur wenigen gelungen, den Lauf der Dinge umzukehren.

Le Monde diplomatique vom 14.09.2007