12.01.1996

Nie mehr das Haus verlassen

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Nie mehr das Haus verlassen

EIN sagenhaftes Medienexperiment wird derzeit in Orlando im US-Bundesstaat Florida durchgeführt. Mittlerweile viertausend Haushalte sind mit der leistungsfähigsten Technologie ausgestattet worden, um den Bewohnern den Zugriff auf Dutzende Fernsehkanäle, breit gefächerte Programmangebote, interaktive Netze und Videospiele zu ermöglichen, das Ganze in Stereo und hochauflösender Bildqualität. Computer, Telefon und Fernsehen werden integriert, um neue Dienstleistungen anzubieten, die das Alltagsleben radikal verändern werden. Die großen Kommunikationskonzerne setzen auf diese Märkte, um ihre Profite zu steigern. Und auch, um die Bürger besser zu konditionieren.

Von unserem Sonderkorrespondenten YVES EUDES *

Die berühmten „Datenautobahnen“ halten Einzug in die amerikanischen Haushalte. Immer häufiger werden unter Aufsicht der verschiedenen Bundes- und Lokalbehörden Modellversuche durchgeführt. In diesem neuerlichen technologischen Feldzug treten einige große Kommunikationskonzerne in erbitterter Konkurrenz gegeneinander an – insbesondere diejenigen, die Kabelfernsehen und Telefongesellschaften kontrollieren. Durch das komplexe Wechselspiel von Bündnis, Bruch und Gegenbündnis, in dem die Medienimperien aufeinandertreffen, wird der Wettbewerb noch verschärft.

Von ihren Rivalitäten abgesehen, treffen alle Hauptakteure dieselben Vorhersagen. Es scheint ausgemacht, daß die Märkte für Kabelfernsehen und Telefon fusionieren und daß sich auch die Computer-Online-Dienste in dieses neue Marktsegment einklinken werden. Doch diese Verknüpfung erfordert die Einrichtung von Hochleistungsnetzen, die nicht nur Interaktivität möglich machen, sondern auch in der Lage sind, von jedem beliebigen Knotenpunkt Verbindungen zu allen anderen Punkten im Netz herzustellen. Es geht also um ungeheure Summen: In den nächsten zwanzig Jahren wird ganz Amerika neu verkabelt werden müssen.

Einigkeit herrscht ebenfalls in der Einschätzung, daß die Datenautobahnen als Anreiz für die Massenkundschaft in erster Linie Autobahnen der Unterhaltung sein müssen. Ihr Endpunkt in den Haushalten wird nicht der Personalcomputer sein, sondern der Fernsehapparat in den Wohnzimmern: Auf keinen Fall darf der potentielle Kunde durch eine futuristische Umgebung eingeschüchtert werden, noch darf in Privatwohnungen durch Computertechnik eine Atmosphäre entstehen, die ans Büro erinnert. Deshalb verwenden die Profis auch lieber den kommerziellen Begriff „Full Service Networks“ (FSN), anstatt von Autobahnen zu sprechen, und setzen den Schwerpunkt ihres Werbeaufwands auf das interaktive Fernsehen, das Vorzeigeprodukt par excellence.

Der Medienriese Time Warner (TW) ist mit seiner Tochtergesellschaft TW Cable einer der Vorreiter dieser Politik. TW Cable besitzt Kabelnetze in siebenunddreißig US-Bundesstaaten, was einer Gesamtzahl von zehn Millionen Teilnehmern entspricht. Doch nicht einmal ein so mächtiger Konzern wie Time Warner wollte sich alleine auf ein solches Unterfangen einlassen. Er hat seine Tochtergesellschaft Time Warner Entertainment, die unter anderem TW Cable kontrolliert, für gewichtige Partner geöffnet: die Japaner Toshiba und Itochu, und vor allem die regionale Telefongesellschaft US West1, die 2,5 Milliarden Dollar in die Aktivitäten des Time-Warner-Konzerns investiert hat, wovon eine Milliarde in den Bau von FSN geflossen ist. Darüber hinaus sind seit November 1995 Verhandlungen mit einem neuen Investor im Gang, der mächtigen Long-Distance-Telefongesellschaft AT&T.

Seit Sommer 1995 werden auf den Netzen von TW Cable drei Großversuche unter Realbedingungen durchgeführt. In Rochester im Staat New York bietet der Konzern seinen Teilnehmern einen „alternativen Telefonservice“ an, der über das eigene Kabelnetz läuft und damit direkt mit der örtlichen Telefongesellschaft konkurriert. Im nahegelegenen Almyra bietet er Privatleuten einen Zugang zum Internet, der hundertmal schneller ist als der klassische Anschluß über Modem.

Doch das spektakulärste und ehrgeizigste Experiment findet in Florida statt, in einem wohlhabenden Vorort von Orlando. Zum ersten Mal wird dort ein kommerzieller, interaktiver Fernsehservice betrieben, der – ein wenig vorschnell – schon FSN getauft wurde. Zusätzlich zu den 60 gewohnten Fernsehprogrammen können die Teilnehmer sich nach Wunsch in ein breites Angebot verschiedenster Programme und interaktiver Dienstleistungen einschalten, in Stereo und hochauflösender Bildqualität. Zu diesem Zweck mußte das Glasfasernetz neu verlegt und ein neu gestaltetes Produktions- und Distributionszentrum geschaffen werden: integrierte Datensteuerung, riesige Rechnerblöcke mit einer Speicherkapazität von über tausend Bildstunden2, Digitalisierungssysteme, superschnelle Datenkomprimierungs- und Dekomprimierungssysteme und neue Netzkapazitäten, die in der Lage sind, die Bilderflut zu übertragen.

Dutzende Programme auf Abruf

FÜR den Teilnehmer ist das System flott, einfach und benutzerfreundlich: Zugang bekommt er über Menüs mit bewegten Bildern und graphisch ansprechend gestaltete Inhaltsangaben. Doch um den Anschluß ans Netz herzustellen, reicht ein einfacher Fernseher nicht aus. TW Cable hat in jedem Haushalt einen großen Dekoder installiert (einen leistungsfähigen Computer), eine perfektionierte Fernbedienung, eine qualitativ hochwertige Spielkonsole und einen Farbdrucker. Trotz aller Bemühungen, den gegenteiligen Eindruck zu erwecken, hält die Informatik doch ganz massiv Einzug ins Wohnzimmer des interaktiven Fernsehzuschauers. Um ihre Akzeptanz beim Publikum zu erhöhen, stellt TW Cable die Geräte kostenlos zur Verfügung (obwohl allein der Dekoder mehrere tausend Dollar wert ist) und berechnet für die geleisteten Dienste sehr niedrige Preise (die heikle Frage, ob die hochwertigen Full Service Networks rentabel sind, steht derzeit noch nicht auf der Tagesordnung). Im übrigen kann das Netz von Orlando, das einhundertzwanzig Angestellte beschäftigt, in seiner derzeitigen Form nur viertausend Haushalte bedienen.

Der große Renner unter den Produkten ist selbstverständlich das Video-auf- Abruf-System. Durch einfaches Herumklimpern auf seiner Fernbedienung kann der Teilnehmer jederzeit Bilder und Texte von einhundertzwanzig nach Genre sortierten Filmen abrufen und mit einem einzigen Knopfdruck seine Auswahl treffen. Sofort danach beginnt die Vorführung. Der Zuschauer kann den Film unterbrechen, ihn in Zeitlupe oder Zeitraffer sehen und ihn zurückspulen. In ein paar Monaten wird das verfügbare Filmangebot verdoppelt werden.

Durch das FSN von Orlando können auch die Fernsehsendungen verschiedener Programme neu formatiert und geordnet werden. Es bietet einen neuen Informationsservice, den TNX News Exchange, der in Zusammenarbeit mit der Redaktion des Nachrichtenmagazins Time entwickelt worden ist. Tag und Nacht werden die Nachrichtensendungen der Fernsehanstalten CNN, ABC, NBC und der lokalen Sender durch die Netzrechner aufgezeichnet, in ihre Einzelbeiträge zerschnitten und schließlich nach inhaltlichen Kriterien neu zusammengefaßt. Die Teilnehmer können also nach Bedarf Zusammenstellungen der Berichte mehrerer Fernsehsender zu einem bestimmten Thema abrufen: lokale, nationale oder internationale Nachrichten, Wirtschaft, Gesundheit, Kunst, Wetter, Reisen usw. Ein ähnliches System ist für Sportsendungen eingerichtet worden: SITV (Sport-auf-Abruf).

Dank ihrer Atari-Konsole können die Teilnehmer durch das FSN auch auf eine Datenbank mit rund fünfzig Videospielen zurückgreifen, die monatlich erneuert werden. Man kann alleine spielen oder mit anderen Netzteilnehmern.

Es werden auch verbraucherorientierte Leistungen angeboten. Die fortgeschrittenste ist Shoppervision, ein sekundenschnelles Teleshopping-System. Der Fernsehzuschauer läuft dabei durch ein virtuelles dreidimensionales Einkaufszentrum. Er betritt einzelne Boutiquen, durchblättert Kataloge und dreht die ausgestellten Objekte um ihre eigene Achse, um sie von allen Seiten betrachten zu können. Er kann einen Fachverkäufer um Rat fragen, um passende Vorhänge auszuwählen oder die Farben in seinem Wohnzimmer aufeinander abzustimmen. Wenn der Bestellzettel auf dem Bildschirm erscheint, genügt die Eingabe eines persönlichen Codes. Der Kauf ist augenblicklich vollzogen, denn das FSN hat die Kontoangaben seiner Teilnehmer gespeichert. Die Ware wird innerhalb von zwei Tagen geliefert – oder, wenn es sich um eine Pizza handelt, auch innerhalb einer halben Stunde.

Das Full Service Network ermöglicht auch mehrfache Nutzung im selben Bereich. So ist Music Mall beispielsweise sowohl ein Musikprogramm, ein Teleshopping-System für CDs und Konzertkarten als auch ein Karaoke-Service auf Anfrage. Das Gesundheitsprogramm Health TV hinwiederum bietet medizinische Dokumentarfilme an, Informationen über Behandlungszentren, einen elektronischen Briefkasten, der individuelle Gesundheitsratschläge empfangen kann, und ein medizinisches Notrufsystem. Time Warner wird demnächst Instrumente testen, mit denen Ärzte ihren Patienten auf Distanz den Puls fühlen, den Blutdruck messen oder ihren Streßpegel bestimmen können.

Das interaktive Fernsehen bringt noch eine weitere wichtige Neuerung mit sich: Es macht alle Verfahren zur Ermittlung von Einschaltquoten hinfällig. Das FSN weiß alles, denn es speichert Sekunde für Sekunde jede Entscheidung seiner Teilnehmer. Ein Bundesgesetz verbietet zwar eine Auswertung der Einzeldaten, doch auch die allgemeinen Zahlen sind schon eine Goldmine für Programmgestalter und Werbekunden.

Auch der Umgang mit Werbespots unterliegt radikalen Veränderungen, da die Teilnehmer eines interaktiven Netzes ausschließlich diejenigen Programme sehen, die sie selbst ausgewählt haben und für die sie auch bereit sind zu bezahlen. Doch die Werbefirmen nehmen die Herausforderung an: Sie sehen die neue Technologie als Möglichkeit, eine Kampagne gezielt auf wirklich hochmotivierte potentielle Käufer auszurichten und setzen auf Werbereportagen.

Weitere Projekte befinden sich noch im Entwicklungsstadium: Bildtelefon, elektronischer Zahlungsverkehr und so weiter. Theoretisch ist das Angebot unbegrenzt, denn dieser Sorte Netz fehlt es niemals an Leitungen: Um neue Programme empfangen zu können, genügt eine Ausweitung der Rechnerkapazität. Darüber hinaus hat die Firma TW Cable bereits den nächsten Schritt zur Schaffung eines wirklichen Full Service Networks unternommen, indem sie den Unternehmen von Orlando ein „alternatives Telefonnetz“ für Ferngespräche anbot. Das ist der einzige Bereich des Telefonmarktes, der in Florida dem Wettbewerb offensteht, doch der Konzern beabsichtigt, auf die zukünftige Entwicklung der Gesetzgebung einzuwirken, um auch in die Bereiche der privaten und lokalen Kommunikationsanbieter eindringen zu können.

Das futuristische Experiment von Orlando ist nur das Vorspiel zu einer großangelegten Operation auf nationaler Ebene: Time Warner hat bereits angekündigt, alle seine Kabelnetze erneuern zu wollen. Ziel des Konzerns ist es, bis zum Jahr 1999 das interaktive Fernsehen bei acht Millionen Teilnehmern einzuführen, das sind 85 Prozent seiner gesamten Kabelstrecke.

Der Umfang der Investitionen, die für den Aufbau von Full Service Networks notwendig sind, wird vermutlich die Konzentration auf diesem Marktsektor beschleunigen: Die kleinen Kabelanbieter werden nicht mithalten können. Die Baby Bells, die sieben regionalen Telefongesellschaften, die das amerikanische Territorium unter sich aufgeteilt haben, können jedoch noch reagieren. Dank der Deregulierung des Telekommunikationswesens, die in vielen Bundesstaaten stattfindet, haben sie sich nun ebenfalls in das interaktive Fernsehen eingeklinkt. Manche schließen Verträge mit Medienkonzernen ab, doch andere organisieren sich untereinander: So hat Bell Atlantic, die den mittleren Osten der Vereinigten Staaten, darunter Washington, versorgt, nach einem gescheiterten Fusionsversuch mit der Kabelgesellschaft TCI die Initiative ergriffen und eine Annäherung an die beiden Schwestergesellschaften Nynex (New York und Nordosten) und PacTel (Kalifornien) herbeigeführt. Dieser Verbund ermöglichte bereits 1994 die Gründung einer gemeinsamen Tochterfirma namens Tele-TV (Telefon-Fernsehen).

Die Baby Bells verfolgen auf lange Sicht zwei Ziele: Einerseits wollen sie ihre eigenen Full Service Networks schaffen, um die bestehenden Kabelnetze zu ersetzen, und andererseits wollen sie sich sowohl als Transporteure als auch als Produzenten interaktiver Bilddienstleistungen auf dem Markt durchsetzen. Tele-TV besteht aus zwei Abteilungen: Tele-TV Systems für die Technik und Tele-TV Media, die unter großem Kostenaufwand Fernsehexperten von Fox und CBS eingekauft hat. Ende 1995 beschäftigte die neue Gesellschaft bereits zweihundert Menschen und rechnete mit Investitionen von 500 Millionen Dollar in den nächsten achtzehn Monaten. Doch um die selbstgesteckten Ziele zu erreichen, muß sie auf dem Fernsehmarkt Fuß fassen, ohne erst den Bau der schwerfälligen Infrastruktur für die zukünftigen Full Service Networks abzuwarten. Deshalb hat sie eine Übergangstechnologie entwickelt, die auf einem neuen Bildkomprimierungsverfahren basiert und durch die Fernsehprogramme bereits durch die heutigen normalen Telefonleitungen geschickt werden können.

Als erstes Versuchsfeld hat sich die Firma Tele-TV Reston in Virginia ausgesucht, einen eleganten Vorort von Washington. Das Programm namens Stargazer läuft seit Sommer 1995 mit eintausend Teilnehmern, der höchsten von den Aufsichtsbehörden zugelassenen Zahl. Stargazer ist langsamer und statischer als das Full Service Network von Orlando, Menüs und Handhabung liegen noch näher an der Computerwelt. Doch die Ton- und Bildqualität kann sich mit dem normalen Fernsehen messen, und Stargazer bietet bereits siebenhundert Stunden Video-auf- Abruf, für die dann einzeln bezahlt wird (Pay-per-view). Spiel- und Dokumentarfilme, Science-fiction-Serien, Musik, Sport, Kindersendungen und so weiter. Der große Mangel des Systems ist, daß es nichts direkt übertragen kann, nicht einmal normale Fernsehprogramme, da die Bildkomprimierung nicht in Echtzeit vorgenommen werden kann. Auch ist das System nur halb interaktiv: Um eine Ware aus dem Teleshopping-Angebot zu bestellen, muß man zum Telefonhörer greifen.

Doch andererseits hat Stargazer einen entscheidenden Vorteil gegenüber seinem großen Konkurrenten: Das System kann binnen kurzer Zeit rentabel werden. Die Dekoder, die in den Haushalten aufgestellt wurden, sind billig (circa 350 Dollar), und die notwendigen Investitionen sind für die meisten amerikanischen oder ausländischen Telefongesellschaften erschwinglich. Für Bell Atlantic und seine Partner kommt es nicht darauf an, die Besten zu sein, sondern die Ersten; siegen wird derjenige, der Millionen Kunden an sich bindet. Stargazer wird bereits exportiert. In Europa läuft das System in Rom und Mailand. Darüber hinaus ist es entwicklungsfähig: Tele-TV arbeitet bereits an einer verbesserten Ausführung, die unter anderem Namen bald in Kalifornien und New York auf den Markt kommen soll.

Bell Atlantic, Nynex und PacTel zielen weit über Stargazer hinaus. Um sich auf dem Markt der Bilder dauerhaft zu etablieren, haben sie beschlossen, für die Ausstrahlung digitaler Fernsehsendungen die alten Mikrowellen-Fernsehnetze namens MMDS3 zu reaktivieren, die vor etwa fünfzehn Jahren aufgegeben worden waren. Diese Umstellung der MMDS auf ein digitales System wird in technischer Zusammenarbeit mit Thomson Multimedia ausgeführt werden. Bereits ab Mitte 1996 werden die Baby Bells damit zwölf Millionen potentieller Kunden erreichen. Vom Jahr 2000 an wollen sie dann sowohl Stargazer als auch die MMDS wieder aufgeben und ihre Klientel auf die hochleistungsfähigen Kabelnetze umsatteln, die zu diesem Zeitpunkt in Betrieb genommen werden sollen. Wenn alles nach Plan verläuft, sind im Jahr 2010 alle Fernsehteilnehmer von Bell Atlantic an ein Full Service Network angeschlossen, das mehr als sechshundert interaktive Leistungen anbietet.

Es zeichnet sich ein erbitterter Krieg um die Full Service Networks ab, insbesondere weil auch die anderen Medien- und Telekommunikationsgiganten nicht untätig bleiben. Die große Unbekannte ist die Haltung des jeweiligen Gesetzgebers: Über Tempo und Ausmaß der Deregulierung, die sowohl auf US-Bundesebene als auch in jedem der fünfzig Einzelstaaten eingesetzt hat, wagt bisher niemand Prognosen anzustellen. Im Moment konzentrieren sich die Initiativen der Konzerne auf die Bundesstaaten, die sich reformfreudig zeigen oder sowieso schon großzügige Regelungen haben. Auf lokaler Ebene könnte es passieren, daß Kabelfirmen und Telefongesellschaften bald identische Leistungen anbieten. Damit würden die USA die aktuelle Doppelmonopol-Regelung zugunsten eines Systems des freien Wettbewerbs aufgeben. In vielen Städten würden dann möglicherweise nicht nur ein, sondern zwei parallele Full Service Networks aufgebaut, die sich mit unterschiedlichen Tarifen und Leistungen gegenseitig die Kundschaft abwerben. In jedem anderen Land würde diese doppelte Verkabelung als durch nichts zu rechtfertigende Verschwendung angesehen werden.4 Doch viele Amerikaner werden sie im Gegenteil als Garantie für einen Wettbewerb ansehen, der dem Verbraucher zugute kommt, auch wenn sich die Hoffnungen, die mit den jüngsten Deregulierungsversuchen in bestimmten Bereichen verbunden waren, nicht erfüllt haben.

dt. Miriam Lang

1 US West, die über 25 Millionen Teilnehmer in vierzehn Staaten des Nordostens der USA verfügt, ist in Florida nicht tätig.

2 Im August 1995 verfügte das FSN von Orlando über sechzehn sogenannte vaults („Tresore“), die jeweils 96 Festplatten mit einer Speicherkapazität von zwei Gigabytes enthalten. Diese Kapazität soll in diesem Jahr verdoppelt werden. Bei den Standards handelt es sich um ATM Switch von AT&T.

3 Multipoint Microwave Distribution Systems.

4 Dasselbe System existiert bereits häufig im Fernsprechnetz: Die drei großen Gesellschaften AT&T, Sprint und MCI besitzen jede ihr eigenes Netz.

* Journalist.

Le Monde diplomatique vom 12.01.1996, von Yves Eudes