11.08.1995

Wenn die Kultur des Hasses aud Todestechnologien stößt

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Wenn die Kultur des Hasses aud Todestechnologien stößt

VOM Attentat auf die Metrostation Saint-Michel in Paris bis zur Verbreitung des Gases Sarin in der U-Bahn von Tokio, vom kollektiven Opfertod der Anhänger erleuchteter Gurus bis zum Massaker von Oklahoma – ein Gefühl von Unsicherheit und völliger Verständnislosigkeit angesichts von Taten, die jeder rational zu nennenden Erklärung spotten, gewinnt derzeit in vielen Köpfen Raum. Die Tatsache, daß jene zu allem Entschlossenen extrem einfach in den Besitz von tödlichen Technologien gelangen können, macht diejenigen Gesellschaften verwundbar, die bislang gegenüber den zunehmenden individuellen und kollektiven Ressentiments eine gewisse Passivität gezeitigt hatten. Ist es wirklich verwunderlich, daß sich in Gesellschaften, in denen immer mehr Menschen ausgegrenzt werden und in denen Kulturen des Hasses entstanden sind, die nicht als Problem anerkannt wurden, zügellose Gewalt breitmacht?

Von DENIS DUCLOS *

Das Sarin-Attentat in der Tokioter U-Bahn vom 20. März 1995 und die Explosion eines sprengstoffgeladenen Autos in Oklahoma City einen Monat später zeigen, in welchem Ausmaß gesellschaftliche Entwicklungen technologische Risiken verschärfen können – bis hin zum Massenterrorismus. Doch die Erkenntnis dieses offensichtlichen Zusammenhangs wird verhindert durch die Segmentierung der Spezialisten: militärische Sicherheit, industrielle Sicherheit, Wissenschaftsethik, Versicherungswesen, Umweltpolitik und so weiter. Nuklearexperten ist schwer klarzumachen, daß die Unfallgefahr in Atomkraftwerken (ganz zu schweigen von der Verbreitung von Leukämie, hervorgerufen durch schwache Strahlung) auch vom schlecht kontrollierten Untervertragswesen in dieser Industrie herrührt. Experten würde es auch schwerfallen, die „Naturkatastrophe“, in der die Eigenheime von Los Angeles abbrannten, mit den wiederkehrenden sozialen Explosionen in den Ghettos von Watts und South Central in Verbindung zu bringen. Und doch – die ausufernde Zunahme der Elendsquartiere und die Welle von selbstzerstörerischer Gewalt und von Haß haben zumindest eine gemeinsame Quelle: die gesellschaftliche Indifferenz. Was nützt es, Erdbeben oder Bränden mit Vorschriften vorzubeugen, wenn dabei nur Zutaten für die Explosion sozialer Gruppen zusammengerührt werden?

Die Verbindung von Technologie, politisch-sozialem Handeln und „irrationaler“ Gewalt ist nicht so weit hergeholt, wie es scheinen mag, wenn man die Beschaulichkeit des Universitätscampus, wo die High-Tech entwickelt wird, mit den Megalopolen der Armut vergleicht. Tausende amerikanischer Patriots etwa stellen diesen Zusammenhang her, indem sie sich paramilitärisch ausbilden lassen und mit zunehmendem Realitätsbezug den Guerillakrieg gegen Washington proben.1 Oder die Naturwissenschaftsstudenten, die in Japan und Rußland von der Aum-Sekte des Gurus Shoko Asahara angeworben wurden. Die Anhänger des Sonnentempels, die im Oktober 1994 die Endzeitgewalt gegen sich selbst kehrten (über fünfzig Tote in der Schweiz und in Kanada) waren Ingenieure, Ärzte und leitende Angestellte. Wo sich Fundamentalismus ausbreitet, wird zuallererst nach solchen Qualifikationen gesucht: Von Algerien, wo die FIS in den Ingenieurschulen rekrutiert, bis zur faschistoiden indischen Bewegung Shiv'Sena, unter deren Anhängern sich viele diplomierte Techniker befinden, verwerten die fanatischen Doktrinen wissenschaftlichen Pragmatismus. In Frankreich ist die Zahl der Ingenieure, die für die Front National kandidieren, nicht zu vernachlässigen.

Naturwissenschaft und irrationale Entgleisungen gehen bisweilen Hand in Hand. Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, daß Wissenschaftler mit dem Aberglauben (Astrologie, Spiritismus und so weiter) spielen, um einen Ausgleich für ihre aller Kunst und Philosophie abholde Arbeit zu finden.2 Die meisten werden die Schwelle von der Kompensation zur Gewaltanwendung nie überschreiten, aber wenn in der Gesellschaft verwirrte Leidenschaften zirkulieren, die an technischer Macht interessiert sind, werden manche kühner. Das wirkliche technologische Risiko besteht dabei in der Verbreitung des Hasses durch die allgegenwärtige Massenkultur, dieses alle umgebende Milieu, in dem unsere Fantasien blühen, ohne je zum Gegenstand offener Aussprachen zu werden.

Vom Zyklon B der Nazis zum Sarin der Sekten

ALS zivilisierte Wesen möchten wir bei diesem Spiel nicht mitwirken. Wir sind Hollywood dankbar, daß es sich unserer Fantasien annimmt und in dem Film „Outbreak – Lautlose Killer“3 einen Pentagon-General anprangert, der dem Staatspräsidenten die Existenz eines Impfstoffs gegen einen furchtbaren Virus verheimlicht, der als geheime biologische Waffe in den Labors lagert. Nicht wir sind es, die da die Auslöschung einer kleinen Stadt planen, sondern ein abtrünniger Offizier, der zum Glück von einem guten Arzt und Forscher (Dustin Hoffman) entlarvt wird. Auch die Erinnerung daran, welche Dienste die Technologie dem Holocaust geleistet hat, rettet uns nicht vor dieser Kultur.

Es ist kaum bekannt, daß das Wort „Sarin“ aus den Initialen der Namen von Ingenieuren der IG Farben und der Wehrmacht zusammengesetzt ist. Der Zusammenarbeit dieser beiden Institutionen verdanken wir auch das Zyklon B, das benutzt wurde, um die in die Vernichtungslager Deportierten zu vergasen.4 Shoko Asahara seinerseits hat sich daran erinnert und in seinem Wahn exakt dieses Symbol als „defensive“ Waffe gegen seine Landsleute eingesetzt. Es wäre falsch, diese Wahnvorstellungen allein einem kranken Hirn anzulasten. Die Verbreitung des Hasses – und hier geht es nicht nur um jene, die die grausamen Taten ausführen – hängt wesentlich mehr mit einem unbewußten, international verbreiteten Konsens zusammen als mit der Verwirrung in einzelnen Gehirnen. Diese Feststellung verweist uns auf die andere universelle Seite der Kultur des Hasses und ihrer Technologien: der Umgang mit den Menschen als „menschlicher Ressource“ (wie man Tomaten ohne natürlichen Boden und Hähnchen mit Hormonen züchtet), in dem sich die Verachtung für den anderen nur schlecht kaschiert. Diese Kultur führt nicht nur, wie Edgar Morin dargelegt hat,5 zu einem passiven und lebensschädigenden Konsum- und Produktionswahn, sondern löst ferner Schübe von Wut aus, die dann aus Feigheit auf wohlfeile Sündenböcke übertragen wird: Intellektuelle, Grüne, Juden, Ausländer, Muslime, Bundesbeamte und so weiter.

Die extreme Wissenschaftsfeindlichkeit – man tötet Ärzte, um Föten vor dem Zugriff der Forschung zu retten6 – ist eine Fehlreaktion auf ein System, das, wie das Heidelberger Manifest7, Rechte der Wissenschaft geltend macht, um natürliche Wesen zum Wohle des Menschen zu vernichten, das Leben in künstliche Bahnen lenkt, Kultur, Nahrung, ja, noch die menschliche Fortpflanzung manipuliert – und jeden Kritiker der Fortschrittsfeindlichkeit bezichtigt. Doch der Fortschritt ist nicht wertfrei: Die wissenschaftliche Weltprägung steht heute an einer symbolischen Grenze.

Da ist zum Beispiel die Umweltverschmutzung (die Plattform, die Shell in der Nordsee versenken wollte, erinnerte uns daran, daß die „Rechte“ der Industrie ungeheuer sind), oder, in Frankreich, der landschaftszerstörende Triumph der Handelsketten mit ihren Wüsteneien von Gewerbebauten und Werbeflächen, die sie vor zerfallenden alten Häusern oder Sozialbauruinen hinpflanzen, die wegen gesundheitlicher Unverträglichkeit gesprengt worden sind. Im Namen der universellen Vernunft weisen die Technokraten die Menschen und ihre ursprünglichen Gemeinschaften zurück und verdächtigen sie, einer primitiven Vergangenheit anzuhängen. Daraus entsteht – auch weil über diesen Haß der Manager nicht debattiert wird – das Risiko einer spiegelbildlichen Kristallisation: Gegenüber jenen Mächten, die Widerstände gegen die profitable Mobilisierung von Ressourcen (seien das Kompetenzen, Saatgut, Organe oder Gene) verurteilen, entsteht eine anarcho- populistische Feindseligkeit, die zu Haßexzessen neigt. Und diese haben nur zu leicht Zugang zu jenen gefährlichen Technologien, welche die Ängstlichkeit der Besitzenden in militärischen Stützpunkten oder Universitäten wohl verwahrt glaubt.

Statt die Gründe für das kollektive Leiden offenzulegen, werden in der Kultur des Hasses die Risiken immer beim jeweils anderen festgemacht, der als Gegenüber in einem Streit gesehen wird. Für die einen liegen die Risiken in der Überbevölkerung beziehungsweise in den Reisbauern der Entwicklungsländer, deren Felder Methan freisetzen (ein Gas, das mehr zum Treibhauseffekt beiträgt als das CO2) und die, im Unterschied zum (tugendhaften) industriellen Norden, nicht für Abhilfe sorgen. Für andere ist der Feind ein Grüppchen, das die Jugend vom „normalen“ Lebensweg abbringt, Oder der ökologische Träumer, den das nicht zu erreichende Glück zum Säuberungsterror führt. Die eco-warriors, die noch zwischen subversivem Humor und heimlicher Gewalt gegen Autobahnen oder gegen die Klonung von Tannen schwanken, sind nach einer These von Luc Ferry nur die harmlose Vorhut eines Ökoterrors von Baumverehrern, die einen möglicherweise bei lebendigem Leibe zu verbrennen gedenken, wenn man ihrer Meinung nach die Rechte des Lebendigen verletzt hat.8

Der Reflexion über die prohibitive Macht des Geldes und der Technik zieht die Kultur des Hasses das Szenario eines fundamentalen Konflikts vor. Die eine Seite erregt sich schlicht über die Existenz der Menschheit im allgemeinen, die andere sieht ein Sektierertum der ökologischen Säuberung am Werk und hält es für ausgemacht, daß sich in ökologischer Gesinnung ein Radikalismus verbirgt, der sich morgen als bestens ausgerüsteter Terrorismus entpuppen wird. Unterdessen erhalten die amerikanischen Umweltschützer Todesdrohungen von den Patriots, die in ihnen die Sinnbilder des Interventionismus gegen das freie Unternehmertum sehen.

Diese Aufteilung in zwei sich feindselig gegenüberstehende Formationen – hier die Menschheit, die aller Risiken angeklagt wird, dort die widerspenstige Gruppe, die als terroristische Bedrohung verdächtigt wird – entspringt nicht dem Zufall. Einerseits klagen wir in uns das „Natürliche“ an, das die Regeln der Kultur verschmäht, andererseits den „Zivilisierten“, der vermeintlich die Natur leugnet.

Dieser Bruch macht es möglich, von der Wiedervereinigung der beiden Pole zu träumen, der dummerweise immer nur das jeweils „andere“ entgegensteht. Der Konflikt ist eingebaut, und um ihn vollends eskalieren zu lassen, akzeptieren die Gegner die Annahmen ihrer Gegenspieler. Die Armee erschafft tödliche Viren, um sich gegen Terroristen zu wappnen, die vorhaben könnten, sich ebendieser tödlichen Viren zu bedienen. Provokateure stecken eine Einkaufsstraße in Brand, um die Vorstellung von der aufrührerischen Bevölkerung zu untermauern et cetera. Wir nähern uns einem kollektiven Delirium, in dem wir uns, nach Neil Postman, „unsern eigenen Tod vorspielen“9. Die Natur benutzt es als dramaturgisches Mittel. Die brennenden Ölquellen in Kuweit, die Napalmbomben auf den Buschwald, in dem sich die algerischen Islamisten verstecken, die chemische Entlaubung von Regionen, in denen angeblich Kokain angebaut wird und so weiter. Das wirkliche Risiko ist der kollektive Mythos von der völligen Polarisierung: zwischen einer Gesellschaft, die insgesamt der Zerstörung der Natur oder der Tradition für schuldig erklärt wird, und subversiven Gruppen, die verdächtigt werden, die moralische Ordnung zerstören zu wollen. Die Funktion dieses Antagonismus, in dem jede Seite die andere verteufelt, um ihre eigene Identität in der Verzweiflung und der Aggression verschließen zu können, scheint in der Verdrängung der Verantwortung jedes einzelnen für die Gestaltung unserer gemeinsamen Welt zu liegen.

Hier ist an die militärische Atomtechnik zu erinnern, denn sie hat diese antagonistischen Katastrophenszenarien zuerst entwickelt (Apokalypse versus Terrorismus), und hier findet sich bereits die Erpressung durch die Macht. Die Psychologie der Abschreckung bestand in einer steten Erhöhung der wissenschaftlichen und militärischen Einsätze gegen eine absolute Bedrohung. In der Praxis hat sich die „gesicherte vollständige gegenseitige Vernichtung“, das Fundament des strategischen Gleichgewichts zwischen den beiden Supermächten im Kalten Krieg, allerdings als undenkbar erwiesen. Sie ist es um so mehr zwischen mittleren Staaten, die sich, sobald sie die Bombe haben, der Gewißheit der völligen Vernichtung im Fall ihres Einsatzes gegenübersehen. Die Mobilisierung gegen die Weitergabe von Atomwaffen10 hat also durchaus auch etwas Doppelbödiges – die Weltgemeinschaft könnte ja ein Interesse daran haben, ihre unverantwortliche konventionelle Rüstung zu stoppen, um in den Klub der garantierten Totalvernichtung einzutreten. Da herrscht ein obligatorischer Friede, der letztlich immer von den Inhabern der größten Arsenale thermonuklearer Waffen kontrolliert wird. Es wäre absurd, für die Proliferation einzutreten, aber wenn man sich für das Verschwinden einer schreckenerregenden Gefahr einsetzt, so verbietet das nicht die Feststellung, daß diese Gefahr gegenwärtig in der Hand der Mächtigen liegt.

Selbst wenn Terroristen Atombomben von russischen Technikern kaufen, die den sowjetischen Bann nicht mehr spüren, so sprengt das diese Logik nicht, auch wenn Jacques Attali dies gebrandmarkt hat11. Entweder ist der Terrorist real an einen Staat gebunden – und wir sind wieder beim vorausgehenden Fall angelangt, nur daß der Staat unter den Sympathisanten für Ordnung sorgt, um nicht für ein Attentat in einem fremden Staat verantwortlich gemacht zu werden. Oder es handelt sich um eine banale Erpressung durch eine isolierte Gruppe – und in diesem Fall wäre die Drohung mit einer selbstgebastelten Bombe zu unmäßig, um darüber heimlich verhandeln zu können. Würde sie bekannt, zöge die Panik für bestehende und zukünftige Terroristengruppen eine unerbittliche Form der Überwachung und Repression nach sich.

Viel größer ist hier das Risiko einer Bedrohung von seiten eines Zusammenschlusses hysterisierter Obrigkeiten. Das gleiche gilt für die biologischen Waffen. Die meisten Studien sagen, daß pathogene Organismen – ob sie nun genetisch manipuliert sind oder nicht – strategische Mittel sind, die potentiell für die Angreifer selbst gefährlich sind, denn man kann die Epidemie nie mit Sicherheit auf die „Feindbevölkerung“ eingrenzen. Wenn die Waffe auf eine genetisch homogene Bevölkerung zielte – dieser Fall ist in den enthemmten militärischen Vorstellungen längst vorgesehen12 –, so gäbe es auf der Seite des Angreifers doch genug Betroffene, um bei ihrer Infektion einen Skandal hervorzurufen, der einiges größer wäre als die Verseuchung der Hämophilen mit HIV-positivem Blut. Wäre ein Land, das eine relativ homogene Bevölkerung hat (zum Beispiel Japan), als Angreifer verdächtig, so würde die Aggression durch den Umstand entlarvt, daß der Erreger für „die Seinen“ unschädlich wäre, was thermonukleare Vergeltung nach sich zöge. Der abschreckende Effekt bakteriologischer Waffen ist gleich Null, denn die Ankündigung, über einen bestimmten Erreger zu verfügen, zieht beim Gegner umgehend die Impfung nach sich. Wenn eine Impfung unmöglich ist, so bedeutet dies, daß der Erreger auch für die eigenen Truppen und die eigene Bevölkerung eine zu große Gefahr darstellt, um eingesetzt zu werden.

Die Idee, eine Gruppe von Fanatikern, die einen Teil der gesamten Menschheit ausrotten will (weil dieser zu umweltfeindlich, zu zahlreich oder „böse“ sei), könnte einen gefährlichen Erreger herstellen und wirksam verbreiten, sollte man sich für Filmszenarien vorbehalten. Aber in der Wirklichkeit übersteigen die notwendigen Kenntnisse und Ausrüstungen die Möglichkeiten solcher Akteure. Das ist auch eine Lehre aus den Versuchen der Aum-Sekte. Im schlimmsten Fall hätten ihre Techniker ein Gas produziert, dessen Formel seit 65 Jahren bekannt ist und das nie auf dem Schlachtfeld eingesetzt wurde, weil es in den Nazi-Fabriken zu viele der an der Herstellung Beteiligten tötete. Gleichermaßen unwahrscheinlich ist die Vorstellung, man könne jene virulenten Erreger beherrschen, die in nutzbarer Weise zu isolieren nicht einmal dem berühmten amerikanischen Forschungsinstitut für bakteriologische Kriegsführung in Ford Detrick (Maryland) gelang. Das gelingt nur mit Mischungen von Toxinen, die eher für gezielte Aktionen der CIA einsetzbar sind als in Hinsicht auf einen Konflikt.13

Von welcher Seite auch immer man das Problem angeht, eine glaubhafte technologische Bedrohung können nur Staaten zustande bekommen. Dennoch sollte man die Gefahr des Kontrollverlustes in diesem Spiel nicht verkennen, das derzeit gut beherrscht wird, auch wenn es zu Beginn des Kalten Krieges gefährliche Phasen gegeben hat, bevor die Sowjets über die Bombe verfügten. In Gefahr gerät diese so brillante Logik des Friedens durch Totalbedrohung weniger durch einzelne Mitglieder der russischen Regierung, die angeblich Atombomben verhökern, oder durch Drogenhändler, als durch eine neue technische Verfügbarkeit, der sich eine nahezu allgemeinverbindliche Kultur des Hasses einfach bedienen kann. Die wirkliche Zeitbombe liegt in der immer weiter verbreiteten Idee, die derzeitige Jahrhundertwende sei gezeichnet von der Bevölkerungsexplosion in Afrika, Lateinamerika und Indien und diese Erscheinung – die als nicht hinnehmbar gilt – werde „unweigerlich“ mit der Rückkehr von Viruskrankheiten einhergehen. Diese wissenschaftlich zweifelhafte Überlegung bereitet den Boden dafür, die auftretenden Seuchen als „natürliche“, menschheitsvernichtende – und darum befreiende – zu akzeptieren.

Unglücklicherweise (für diese Fantasien) scheinen sie sich trotz der apokalyptischen Vorhersagen des Direktors der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht durchzusetzen: Bisher scheint kein natürlicher Mechanismus das Bevölkerungswachstum nutzen zu wollen, um eine neue „Pathocenose“14 zu entwickeln, für die Aids nur ein lauer Vorgeschmack wäre. Die schreckenerregendsten mutierenden Viren aus den tropischen Wäldern verfallen kurz nach ihrer Ankunft in der Stadt, entweder weil ihre Trägerinsekten in der städtischen Verschmutzung umkommen, oder weil sich die Einwohner der Riesenstädte nicht gegenseitig beißen. Sicherlich können industrialisierte Verfahren der Blut- oder Gewebeverarbeitung nicht erkannte pathologische Mechanismen (viral oder subviral) unter Zehntausenden verbreiten.15 Aber trotz dieser dramatischen Verbreitung handelt es sich um begrenzte Erscheinungen – kein Vergleich mit dem apokalyptischen Szenario eines Blutungen erzeugenden Fiebers, das wie eine Grippe durch die Atemluft übertragbar wäre.

Da die Realität offensichtlich nicht mitspielt, arbeiten die Fantasien der Haßkultur eigenständig daran, diese Hypothesen Realität werden zu lassen: Deutlich wird das im Klischee der immer widerstandsfähigeren Bakterien. So soll angeblich eine antibiotikaresistente Tuberkulose auf uns zukommen. In Wahrheit ist die Frage der Resistenz von Mikroben sekundär: Mediziner und Forscher wissen16, daß die Krankheit nur deshalb epidemisch werden konnte (meist in Verbindung mit Aids), weil die – sehr armen – Opfer die Behandlung nicht bis zum Ende durchhielten. Mangels sozialer Solidarität griff man in den USA zu einem Notbehelf: Man steckt sie für die bei Breitbandantibiotika vorgeschriebene Behandlungsdauer ins Gefängnis. So ist ihre Wirksamkeit garantiert.

Auch hier wird das wirkliche Risiko durch die existente Haßkultur verlagert. Nicht soziale Ungerechtigkeit und technologische Schlamperei werden in dieser Vorstellungswelt angeprangert, sondern die unerbittliche Allmacht des Reichs des Mikroskopischen, das sich an der Menschheit rächt, vor allem natürlich an den verelendeten Massen, die seiner Gefräßigkeit geopfert werden. Nun weiß man natürlich, daß Organismen keine eingebaute Resistenz gegen wissenschaftlichen Fortschritt haben. Zwar kann die Wissenschaft scheitern, aber das liegt weniger an den Mutationen des Virus, sondern an der in Jahren des pharmazeutischen Triumphalismus kaschierten Schwäche der Wissenschaft, die komplizierten Wechselwirkungen des Immunsystems zu verstehen. Aber eine differenzierte Darstellung der Wissenschaft – die zugleich grundlegende genetische Mechanismen enthüllen und unfähig bleiben kann, die Interaktionsfähigkeit einer Zelle zu verstehen – ist für eine Propaganda nicht instrumentalisierbar, die die Armen schuldig sprechen will.

Wer einen unausgesprochenen Konsens darüber herstellen will, daß ein Teil der Menschheit „zuviel“ ist, wird in seinen Haßfantasien eher die These vom kriegerischen Virus entwickeln, der diesen Überschuß dann absorbieren soll – und zwar aus einem inneren Gesetz heraus, das ihn dazu bringt, genau die richtige Population zu treffen. Daß ein Teil der HIV-Infizierten das Symptom nicht entwickelt, bringt diese Vorstellung nicht aus der Fassung. Wie auch: Dann müßte man ja berücksichtigen, daß ein Krankheitserreger nicht auf die Auslöschung der Art zielt, die er befällt – denn er sucht einen Kompromiß. Wer diese bescheidenere Wirklichkeit akzeptiert, zieht die Prognosen über die Entvölkerung Afrikas in Zweifel und kann zugleich die Frage stellen, ob sie nicht ohnehin – unter dem Deckmantel humanitärer Empörung – einem geheimen Wunschdenken entspringen.

Ideologien des Wahns und Massenaggression

DIESE kulturelle Fantasiearbeit ist nicht ungefährlich. In der Perspektive eines für wirklich gehaltenen demographischen Alptraums könnte eine Seuche, die einen Teil der Menschheit auslöscht – am liebsten einen unterentwickelten – stillschweigend als unausweichlich akzeptiert werden. Ein solcher Konsens trüge dazu bei, die gebotene Vorsicht gegenüber der „Stufe 4“17 zu vernachlässigen und könnte zu „bedauerlichen technischen Fehlern“ in den Labors führen. Die Opferung einer überbevölkerten Stadt für ein „pathocenisches“ Festmahl würde in einem solchen Falle als etwas Natürliches angesehen.

Die Kultur des Hasses zieht es vor, zu schweigen und direkt zur Tat zu schreiten – ausgerüstet mit den hierzu notwendigen Technologien. Die Staaten bieten gegen diese Wahnideologien nach wie vor einen besseren Schutz als andere denkbare Institutionen. Aber für all diese Institutionen gilt, daß sie eine Zusammenfassung disparater Volksgruppen darstellen und porös werden können, so daß sie sektiererischen oder gewalttätigen Untergruppen das Sagen überlassen. Wenn es vorstellbar ist, daß sich bestimmte Koalitionen herausbilden und diese sich gemeinsam zum Ziel setzen, andere Menschen zu beseitigen – jene Mitglieder der eigenen Gesellschaft etwa, die in ihren Augen nichts als unnötige Esser oder gar Todfeinde sind –, dann ist auch vorstellbar, daß ein Staat seine Souveränität fallenläßt und solchen Gruppen die nötigen Mittel bereitstellt. Ein Beispiel sind jene Hubschrauber, mit denen das argentinische Militär Tausende von Oppositionellen ins Meer warf – sie waren einfach „zuviel“, die Gefängnisse waren überfüllt (oder sollten vor dem nächsten Besuch des Roten Kreuzes geleert werden).

Ohne hier in den totalen Horror abgleiten zu wollen: Staatliche Autoritäten können sich in ihren Experimenten und Simulationen durchaus auch selbst versucht fühlen, Formen der Massenaggression anzuwenden. So benutzte das Pentagon wiederholt zahlreiche Menschen (mit oder ohne deren Einwilligung) als Versuchskaninchen, um die Auswirkungen der atomaren Strahlung zu erforschen. Solche Menschenexperimente waren schon seit 1914 geläufig, als die Staaten aller Seiten ihre chemischen Waffen testeten. In den bakteriologischen Planspielen diverser alliierter Staaten war die Verbreitung des Giftes in U-Bahn-Schächten ein klassisches Szenario – lange bevor es in Tokio und Yokohama verwirklicht wurde. Es hat viele Versuche gegeben, bei denen quasi „stellvertretend“ Gase mit unschädlichen Bakterien in Großstädten verbreitet wurden, um zu testen, auf welche Weise und in welchem Ausmaß eine Kontamination zu erwarten ist. Die betroffene Bevölkerung wurde davon nicht in Kenntnis gesetzt.18

Solche Experimente – die als „präventiv“ gerechtfertigt wurden – zeigen, wie allgemein akzeptiert der Massenvernichtungskrieg längst international ist. In seiner nuklearen Apotheose wird gar das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern in Frage gestellt: Der Staat sieht sich „gezwungen“, die Bürger im totalen Konflikt ihrem Schicksal zu überlassen. In dem Film „Doktor Seltsam“ zeigte Stanley Kubrick, wie einige durchgedrehte Spitzenbeamte eine Trennung herbeifantasierten zwischen einem imaginären Expertenstaat, der sich zur eigenen Rettung auf eine auserwählte Gruppe beschränkt, und dem Volk im eigentlichen Sinne. Der schon zitierte Film „Outbreak“ nahm das Thema des von seinem Oberkommando verratenen Volks jüngst wieder auf; auch hier wurde das Volk einer höheren Strategie geopfert.

In diesen von Hollywood in Umlauf gebrachten Fantasien artikuliert sich ein populistisches Mißtrauen gegen einen Zentralstaat, der seine freien Bürger vermeintlich im Stich läßt oder sie – schlimmer noch – einer äußerlichen Logik unterwirft. Das Attentat von Oklahoma City richtete sich gegen ein Bundesgebäude. Dieser Anschlag und seine Durchführung zeugt in besonderem Maße davon, welch aggressive Schübe die Angst des Volkes, von seinen Regierenden im Stich gelassen zu werden, hervorrufen kann. Das Verbrechen übertrifft die individuellen Serien- oder Massenmorde noch, drückt aber etwas Ähnliches aus. Der Haß zielt hier auf den eingebildeten Komplott einer bürokratischen Elite, die den autonomen Bürger vorgeblich versklaven will. Es besteht die Gefahr, daß die Institutionen auf der einen, die Individuen auf der anderen Seite sich nicht mehr als gegenseitige Existenzbedingung respektieren, sondern gemeinsam in eine Identitätskrise abgleiten, die notgedrungen zu Aggressionen führt.

Auch hier ist die Entwicklung der Sekten charakteristisch. Die Zugehörigkeit eines Staatssekretärs aus Quebec zur Tempelsekte mag noch Zufall gewesen sein. Aber bereits der Aufbau der Aum-Sekte in Rußland, das haben die japanischen Untersuchungen gezeigt, erfolgte mit staatlicher Unterstützung. Und in Japan selbst wurden weitreichende Verzweigungen in die Machtelite zutage gefördert. „Man hat den Eindruck, einen Krieg zwischen Staaten zu erleben,“ rief einer der Verantwortlichen der Untersuchungen aus.19

In der Tat sind die Sekten kein politikfreier Raum. Das Politische kann Teil der Sektenpsychose sein, aber auch der Staat mischt sich ein. Meist geht das Interesse von den Geheimdiensten aus (die Warnung vor einem Gasattentat, die ein amerikanischer Diplomat in Japan im voraus gegeben hatte, beweist dieses Interesse), worauf die Staaten Maßnahmen ergreifen – oder auch nicht –, weil die Sekten ihrer Ansicht nach die internationalen Beziehungen gefährden. In einem solchen Verwirrspiel aus Allianzen, Manipulationen, Erpressungen und Vergeltungsmaßnahmen kann allerdings sehr schnell unklar werden, ob die Staaten die Sekten nicht in ihr Arsenal von Druckmitteln (oder dunklen Finanzquellen) einreihen oder ob die Sekten gegenüber der Logik des Staates das Ruder übernehmen. In ihrer Legitimität geschwächte Staaten können leicht zum Opfer monströser politischer Absichten werden. Jede „Privatisierung“ von Macht ist hier, jenseits von Korruption, gefährlich, denn sie kann Anführer von Fraktionen an die Schalthebel bringen, die ansonsten machtlos wären.

Der Aufstieg des Abschaums

Das wirkliche Risiko besteht in der Auflösung des sozio-politischen Vertrages. Den Anfang machten die amerikanischen Patriots, als sie zu ihrer monströsen Tat schritten – ein Donnerschlag aus heiterem Himmel (über zweihundert Tote). Aber war der Himmel wirklich so heiter? Wenn man sich die Entwicklung dieser Kultur näher anschaut, bekommt man da seine Zweifel. Der Film „Falling Down“20, der von der Revolte eines „guten Amerikaners“ handelt, „verkündet eine Botschaft der Wut auf alles Fremde, Abweichende, und auf die Reichen. Unterschwellig, aber kaum mißverständlich suggeriert er, daß ,alles kaputtgehen wird, wenn man nichts dagegen tut‘. Subtiler als ,Rambo‘, aber perverser, könnte er zum Fetisch all derer werden, die – in den USA und anderen Ländern des Nordens – die Revolte des Weißen Mannes gegen den Aufstieg eines vielköpfigen und amorphen ,Abschaums‘ predigen“21. Diese Frage stellt sich bei jedem Haß gegen eine spezielle Gruppe von Sündenböcken: hier der geschmähte Beamte, dort die moderne Gesellschaft insgesamt oder die Naturschützer, die vermeintlich jede menschliche Aktivität behindern wollen.

Seit einigen Jahren steigt die Zahl kollektiver Selbstmorde. So gab es 1978 in der Volkstempel-Sekte in Guyana neunhundertzwölf Tote; 1985 sechzig Tote in Dafu Manganyon auf den Philippinen; 1987 die zweiunddreißig Opfer für die Göttin Park Soon-Ja in Seoul; 1993, beim Sturm auf die Farm der Davidianer in Waco, achtzig Opfer; und im Oktober 1994 die fünfzig Toten des Sonnentempels in der Schweiz. Die Selbstmorde liefen zwar über die Medien, aber sie fielen in eine gewisse Stille. Man interpretierte sie als Wahnsinnsschübe, aber es wurde wenig über den Lebensüberdruß gesprochen, der sie ermöglichte und der auch zu vielen einsamen Verzweiflungstaten führt. Debatten lösen diese kleinen menschlichen Erdbeben nicht aus. Man tut sie als soziale Verirrung und Verweigerungsakte ab und geht mit der immer gleichen Verurteilung der Sekten, die unsere Jugend verführen, zur Tagesordnung über.

Diese Schamhaftigkeit mag helfen, unsere Angst zu verdrängen – den Wunsch nach der kollektiven Katastrophe läßt sie bestehen. Mehr Bürgersinn bewiese dagegen eine Diskussion über das Verhältnis von subjektivem Erleben (Gefühl der Niedergeschlagenheit, der Nutzlosigkeit oder der Randständigkeit) und kollektiven Fragen (Dünkel der Politik in den Medien gegenüber den wirklichen Problemen, wie Respekt vor der Natur und der Autonomie der Menschen, Aufteilung von Arbeit und Einkommen, Beherrschung von Technologie und Geld).

Solch eine Debatte würde gewährleisten, daß persönliche Affekte (Liebe, Haß) und kollektives Engagement nicht einfach in zwei Formen des Hasses abgleiten – den privaten und den öffentlichen.22 Denn letztlich führt dieser Haß zu unentwirrbaren Identifikationen mit dem jeweils anderen – und zu Selbstmordtendenzen, die bis ans Ende der Zeiten von massenmordbegeisterten paramilitärischen Gruppen, Sekten oder Staaten ausgenutzt würden.

dt. Harald Bauer

1 Die mutmaßlichen Urheber des Attentats von Oklahoma gehören zu diesem Milieu. Einer, Tim McVeigh, führte als Motiv für seine Tat den zweiten Jahrestag des Sturms des FBI auf die Farm der Davidianer in Waco an. Das ist ein Indiz für die symbolische Verbindung der Formen gewaltsamer Reaktionen auf das System.

2 Siehe dazu zum Beispiel das Buch von Henri Broch, Physikprofessor an der Universität von Nizza, „Au c÷ur de l'extra-ordinaire“, L'Horizon chimérique, Bordeaux 1994.

3 Film von Wolfgang Petersen (1994), mit Dustin Hoffman und Donald Sutherland.

4 Siehe dazu Frédéric F. Clairmont: „Crimes sans chÛtiment“, Le Monde diplomatique, Mai 1995.

5 „Le discours absent“, Le Monde, 22. April 1995.

6 Mehrere Morde an praktischen Ärzten wurden von Personen begangen, die in den USA die Sache von pro-life (Anti-Abtreibung) vertreten. In „Insomnia“ (1994) stellt sich Stephen King vor, daß ein „Anti“ ein Flugzeug voller TNT auf ein Treffen von Abtreibungsbefürwortern abstürzen läßt. Das unterstreicht das gesellschaftliche Konfliktpotential, das die Bombe von Oklahoma City in der Wirklichkeit aufzeigt.

7 Siehe dazu Jean-Marc Lévy-Leblond, „Le pavé de Heidelberg“, Le Monde diplomatique, August 1992.

8 Luc Ferry: „Le nouvel ordre écologique“, Grasset, Paris 1992.

9 Neil Postman: „Wir amüsieren uns zu Tode“, Frankfurt am Main 1988.

10 Siehe dazu das Dossier über den Atomwaffensperrvertrag in Le Monde diplomatique, April 1995.

11 Das gilt ebenso für seinen Roman „Il viendra“ (Paris 1994) wie für den Bericht für den Generalsekretär der UNO, Butros Ghali, über den gegenwärtigen Zustand des Atomwaffensperrvertrages, „Economie de l'apocalypse“, Fayard, Paris 1995.

12 So lautet ein Auszug aus einem US-Militärbericht: „Es ist theoretisch möglich, ,ethnische Chemiewaffen‘ zu entwickeln, die konzipiert wären, um die natürlichen Unterschiede in der Anfälligkeit zwischen spezifischen Gruppen der Bevölkerung auszunutzen. Eine solche Waffe wäre in der Lage, eine ausgesuchte feindliche Bevölkerung in signifikant höherem Maß als eine Gruppe befreundeter Kräfte zu verletzen oder zu töten“ (US Army Mobility Equipment Research and Development Center: „Decontamination of Water Containing Chemical Warfare Agent“, Fort Belvoir, Virginia, Januar 1975).

13 Susan Wright (Hg.): „Preventing a Biological Arms Race“, MIT Press, Boston 1990.

14 Der Aids-Historiker Mirko Grmek bezeichnet mit diesem Begriff die Beziehung der Krankheitserreger zu den Populationen, die sie anstecken. Die massenhafte Verfügung über menschliches Gewebe ist somit ein wichtiger Träger bei der Bildung von neuen „Pathocenosen“, die es in der Natur nicht gibt.

15 Ein Fall, der bei Aids, Hepatitis C und der neu entdeckten, „X“ genannten Hepatitisform eingetreten ist, wäre auch bei Prionen-Krankheiten wie dem Jakob-Creutzfeldt-Syndrom möglich.

16 Wie Gilles Marchal, am Pasteur-Institut für die Tuberkulose-Forschung verantwortlich, bestätigt hat.

17 Es handelt sich um eine Sicherheitsstufe, die eine besondere Abkapselung umfaßt. Die Laboratorien der „Stufe 4“ werden international überwacht, gemäß der zweiten Genfer Konferenz zu chemischen und bakteriologischen Waffen (September 1987) und anderen Abkommen über zivile Gesundheitskontrollen.

18 Robert Harris und Jeremy Paxman zufolge („A Higher Form of Killing. The Secret Story of Gas and Germ Warfare“, Paladin, Triad-Granada 1983, Aylesbury, Großbritannien) wurden in den USA zwischen 1950 und 1970 mehr als 200 derartige Experimente durchgeführt, wobei Städte wie New York und San Francisco als Ziele dienten.

19 Siehe den Artikel von Philippe Pons in Le Monde vom 28. April 1995.

20 „Falling Down“, amerikanischer Film von 1993, von Joel Schumacher.

21 Denis Duclos: „Le Complexe du loup-garou: la fascination de la violence dans la société américaine“, La Découverte, Paris 1994.

22 Die erschreckende Dialektik der beiden Figuren (die Masse und der Überlebende) wurde von Elias Canetti in „Masse und Macht“ (Düsseldorf 1960) beschrieben.

* Soziologe und Leiter einer Forschungsabteilung am CNRS

Le Monde diplomatique vom 11.08.1995, von Denis Duclos