12.05.2000

Amerika in unseren Köpfen

zurück

Amerika in unseren Köpfen

WIE sollten die USA uns nicht faszinieren? Das Land verfügt über gewaltige Mittel, um Herzen und Köpfe der Menschen zu erobern. Politisch präsentiert es sich mit dem liebenswürdigen Gesicht einer alten, gastfreundlichen Demokratie, als Erbe einer Revolution von universeller Tragweite und einer reichhaltigen Kultur. Seine Freiheitsstatue ist für Millionen Menschen noch immer Symbol der Hoffnung und Verheißung eines besseren Lebens. Siegreich aus dem Kalten Krieg hervorgegangen, haben die USA überdies den Golfkrieg und den Krieg im Kosovo gewonnen – Kriege gegen autoritäre Regime und bösartige Diktaturen, die im Namen humanitärer Grundsätze geführt wurden. Auf dem Zenit ihres militärischen Ruhms angelangt, herrschen die USA über die Welt wie noch kein Land zuvor: mit der Gelassenheit einer konkurrenzlosen Hypermacht.

Auch das anhaltende Wachstum der US-Wirtschaft scheint zu bestätigen, dass Amerika den lieben Gott auf seiner Seite hat. In den USA wurde das Internet erfunden, aus den USA stammt die „neue Ökonomie“, die USA steuern die Globalisierung von Politik und Wirtschaft. Das Modell Amerika findet in der ganzen Welt Nachahmer: Amerikanische Managementmethoden und Marketingtechniken, amerikanische Rechtskonstruktionen und Kommunikationsberatung, aber auch die Leidenschaften, Stars und Mythen finden überall Verbreitung.

Ob es den Amerika-Enthusiasten nun aber gefällt oder nicht: Immer mehr Bürger in der Welt artikulieren Widerstand gegen die Supermacht, gegen deren ideologische Dominanz und deren manipulatorische Überzeugungsstrategien.

I. R.

Lesen Sie das Dossier auf den Seiten 5 bis 10

Le Monde diplomatique vom 12.05.2000, von I. R.