11.08.2000

Mario Fani

zurück

Mario Fani

Die Werke des 1950 in Arezzo geborenen italienischen Malers Mario Fani zeigen uns nahezu ausschließlich Innenansichten eines Hauses. In diesen Räumen dominiert die Abwesenheit. Fani scheint zu fragen, wie Räume gefüllt sind, wenn niemand dort ist. Man sieht: Sie sind gefüllt, mit Luft, mit Licht – und mit dem, was vorher war, ebenso wie mit der einladenden Erwartung des Zukünftigen.

Die Dinge im Raum erzählen von der Anwesenheit des Abwesenden: Einmal stehen zwei Stühle verlassen, das Gespräch steht noch im Raum, aber wie wurde es beendet? Und gleichzeitig möchte man sich hinsetzen und ein Gespräch aufnehmen. Ein andermal warten Gläser oder Schüsseln auf Wein und Eintopf – und auf die Menschen, die sich um den Tisch setzen mögen. Ein andermal wiederum kündet eine Perlenkette auf einem Blatt Papier von dramatischen Ereignissen. Der Betrachter möchte unwillkürlich das Geheimnis, das dem Stillstand innewohnt, lüften, sich hineinbegeben. Es ist, als erwarteten die Räume die menschliche Gegenwart.

So sehr einzelne Bilder an frühere Künstler und Kunstwerke erinnern (etwa an die leeren Räume von Hammershöld, die Perlenkette von Vermeer, die Stillleben von Chardin, das Helldunkel von La Tour), so deutlich differieren sie. Fani steht zwar im Dialog mit der Geschichte und thematisiert die An- und Abwesenheit der früheren Maler in der heutigen Kunstproduktion, doch er folgt auf höchst eigenwillige, manieristische Weise seinem Thema: die lichte Gegenwart.

M.L.K.

Le Monde diplomatique vom 11.08.2000, von M.L.K.