15.09.2000

Peter Fischli / David Weiss

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Peter Fischli / David Weiss

Das Künstlerduo Fischli /Weiss, das seit 1979 zusammenarbeitet, hat den Alltag und das sinnliche Vergnügen im Blick. Es heißt, angefangen habe alles mit einem gemeinsamen Besuch in einem Schweizer Möbelhaus.

Zu Beginn der Achtzigerjahre dominierte die Suche nach einer poetischen Transzendenz des Für-wahr-Genommenen. Wie im Kinderzimmer wurden Gegenstände des Alltags zu narrativen Szenen arrangiert und dann fotografiert, wobei trocken-lakonische Titel (In den Bergen, Die Gesetzlosen, Kleinfamilie) die Arrangements ins unmittelbare Erleben der Betrachter zurückprojizierten.

„So unberührt, wie es hier aussieht“, äußerte David Weiss bei einer Überlandfahrt, „kommen wir bestimmt gleich zu einem Militärschießplatz.“ Das Rätsel des Wirklichen (Mit was umgeben wir uns eigentlich?) trieb sie mehr und mehr dazu, das Wirkliche schlicht und exakt zu reproduzieren: Zum einen in einer Fülle fotografischer Serien (wie „Banlieues“), zum anderen, indem sie alltägliche Gegenstände aus Polyrethan nachschnitzten. Alle Gegenstände im „Raum unter der Treppe“, den man im Frankfurter Museum für Moderne Kunst ansehen kann, sind ihrer Wirklichkeit beraubt, entmaterialisiert, schaumstoffleicht. Weder der bekleckerte Farbeimer noch das alte Waschbecken, noch die Ritter-Sport-Schokolade sind „Readymades“; nichts ist, was es scheint: zurückgelassene Arbeitsgegenstände eines Künstlers, die hastig in den Raum unter der Treppe gestopft worden sind. Ein Kunstwerk aber, das als Kunstwerk glatt übersehen werden kann, ist die „radikalste und humorvollste Attacke“ (Patrick Frey) auf das, was wir als Aufgabe der Kunst ansehen.

Das Rätsel des Wirklichen ist auch und gerade das Rätsel des Schönen, dem Fischli /Weiss mit den mehrfach belichteten überdimensionierten Blumenbildern nachgehen. Die Titel sind verschwunden. Was bleibt, ist reine Visualität.

Le Monde diplomatique vom 15.09.2000