Notorische Armeen
IM Demokratisierungsprozess der afrikanischen Länder spielen die Armeen eine Schlüsselrolle. Die Wirtschaftskrise hat die Lebensbedingungen auch in den Kasernen verschlechtert und die Ungleichheiten innerhalb der militärischen Institutionen verstärkt. In mehreren Ländern kam es zu Gewalttätigkeiten von Soldaten, die lange keinen Sold bezogen hatten.
Die Übergriffe kasernierter Soldaten häufen sich. Erpresserische Praktiken oder Terror gegen die Zivilbevölkerung (mit dem Ziel, sich Landbesitz anzueignen) sind in vielen Ländern an der Tagesordnung. Hohe Militärs kooperieren mit Schwarzhändlern oder betreiben selbst Waffenhandel, Schmuggel mit Mineralien und andere lukrative Geschäfte.
Die Entstehung von Milizen, Banden und privaten Sicherheitsdiensten sowie die massenhafte Rekrutierung von Kindern und Jugendlichen haben die Lage weiter kompliziert: Die Armee als kompakte Institution, die im Auftrag des Staates ein legitimes Gewaltmonopol ausübt, existiert nicht mehr. Seit zehn Jahren sind zudem viele afrikanische Soldaten an Operationen zur Friedenssicherung beteiligt oder bei Bürger- oder Grenzkriegen im Einsatz. Dies und die zunehmende Fragmentierung der Gesellschaft produzierten einen ausgeprägten Militarismus als politische Kultur der Stärke und Männlichkeit.
Die Demokratisierungsbewegung der frühen Neunzigerjahre zwang die Militärregime, neue Legitimationsformeln zu finden oder sich sogar in Zivilregierungen umzuwandeln. Das Scheitern des Mehrparteiensystems hat andererseits neue Formen der Prätorianermacht hervorgebracht. Doch auf internationaler Ebene wird der Spielraum der Militärregime zunehmend enger. Viele können sich nur an der Macht halten, wenn sie einen Terminplan für die Rückkehr zu einer Zivilregierung vorlegen. Im Übrigen kommt es auch immer wieder vor, dass die zivile Opposition selbst die Armee zu Hilfe ruft. In den meisten Fällen will sie damit Wahlen umgehen und erreichen, dass man sie an der Macht beteiligt.
A. M.