13.10.2000

Ölfieber und prekäre Wirtschaftslage

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Ölfieber und prekäre Wirtschaftslage

DAS Erdölfieber hat die gesamte Führungsspitze aus Politik und Medien erfasst. Aber das Manna des schwarzen Goldes zu verteilen will nicht recht gelingen: Häufig streichen bestimmte Clans, die an der richtigen Stelle sitzen, die Gewinne alleine ein.

Über das Volumen der Mineralölvorkommen besteht keinerlei Klarheit, und so liegt auf der Hand, dass die Zukunft des Kaukasus nur in einer Diversifizierung der Wirtschaftsaktivitäten liegen kann. Doch diese stößt auf eine ganze Reihe von Hindernissen. Die Öffnung der Märkte bedeutet für die herkömmlichen Erzeugnisse eine gefährliche Konkurrenz. Und nur mit Mühe lassen sich neue Absatzmärkte für die zur Sowjetzeit voluntaristisch aufgebaute Schwerindustrie finden.

Die betroffenen Staaten unternehmen große Anstrengungen. Mit internationaler Hilfe modernisieren sie Häfen, Straßen- und Schienennetze sowie das Stromnetz. In den Großstädten entsteht ein Dienstleistungssektor. Doch Investitionen auf breiter Basis werden in der Region nur dann getätigt, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: für die auf Eis gelegten, doch in Wahrheit nicht ausgeräumten Konflikte müssen echte Lösungen gefunden werden; und es muss klare und verbindliche Regeln geben für das ökonomische Spiel, das – in Russland wie im Südkaukasus – von dubiosen Praktiken bestimmt ist.

Le Monde diplomatique vom 13.10.2000