13.10.2000

Olafur Eliasson

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Olafur Eliasson

Durch das Berliner Museum „Hamburger Bahnhof“ zieht sich eine gestampfte Erdmauer. Die Erde stammt aus einem Aushubloch hinter dem Gebäude und enthält, so will es der Künstler, Überreste aus der Geschichte des Ortes. Nach der Ausstellung wandert die Erde wieder in das Loch zurück.

Bei Mauer und Erdloch handelt es sich um den Wettbewerbsbeitrag des dänischen Künstlers Olafur Eliasson für den neu geschaffenen Berliner „Preis der Nationalgalerie für junge Kunst“, der mit 100 000 Mark dotiert ist. Anlehnungen an die Land-Art der Sechzigerjahre (etwa Walter de Marias Mauer in der Wüste) sind in den Installationen des 1967 geborenen Künstlers ebenso unübersehbar wie das raffinierte Spiel mit dem kindlichen Staunen über Natur und Technik. Eliasson arbeitet vor allem mit den „demokratischen“ (Eliasson) Elementen Wasser, Licht, Erde und Moos – so natürlich sie aussehen, sie sind inszeniert. Die Aufbereitung eines an sich amorphen Elements – die Erde, die zur Mauer gerichtet wird – macht dem Betrachter das Erleben der Natur bewusst, das im Alltag unter Gemeinplätzen begraben oder in die Nicht-Wahrnehmung abgewandert ist.

Der „doppelte Sonnenuntergang“ (S. 5), das moosgrün gefärbte Wasser (S. 10) oder der Eispavillon (S. 3) sind künstlerische Aneignungen, die nicht nur über den kulturellen Aspekt, das Gemachte der Natur Auskunft geben, sie reflektieren zugleich die allgemeinen Bedingungen, in denen sich Kunst artikuliert. Eliasson „erzeugt künstliches Leben, um den realen Tod der Gefühle in der heutigen Gesellschaft besser zu verstehen“ (Francesco Bonami).

M. L. K.

Le Monde diplomatique vom 13.10.2000, von M. L. K.