Die Mädchen von Madagaskar
NEIN zum Sextourismus mit Kindern!“ prangt auf einem Plakat an der Tür des Ministers für Tourismus in Antananarivo. Mitverantwortlich für die Gemeinschaftsaktion zeichnet der Reiseveranstalter „Nouvelles frontières“, der mit den Jumbos von Corsair ganze Ladungen europäischer Rucksacktouristen auf die Insel bringt, von denen manche in Versuchung kommen, Kinder zu verführen: Jene „Mädchen von Madagaskar“, über die der deutsch-französische Fernsehsender Arte im Mai einen Dokumentarfilm brachte und die um so „leichter zu haben“ sind, als sie in grenzenlosem Elend leben.
Der Minister für Tourismus, Blandin Razafinmanjato, der auch mit dem „Kampf gegen die Armut“ beauftragt ist, schätzt sich glücklich, dass sein Land von dem organisierten Sextourismus, wie man ihn aus Thailand kennt, weit entfernt ist. „Aber gerade darum müssen wir jetzt handeln, das Übel – wie bei Aids – in seinen Anfängen bekämpfen.“ An Kampagnen soll es nicht fehlen, die Menschen müssen aufgerüttelt, für das Problem sensibilisiert werden, man muss Vorsorgearbeit leisten, die moralischen Autoritäten und den Hotelsektor einbinden und darüber wachen, dass die Gesetze eingehalten werden, insbesondere das strenge Gesetz zur Pädophilie, das im letzten Jahr verabschiedet wurde.
Jean De Dieu Maharante, der als Präsident des Provinzialrats von Toliary an der Südküste zu Hause ist, wo die weiten Strände locken, gesteht seine relative Ohnmacht ein: „Es gibt einen Widerspruch, mit dem zu leben schwer ist. Wir haben Maßnahmen getroffen, aber die Eltern dieser Mädchen sagen uns: Wenn ihr ihnen diese Freiheit nehmt, welche Arbeit wollt ihr uns dann vorschlagen? Und Arbeit gibt es nicht.“ Dennoch versichert er, er werde „nicht die Hände in den Schoß legen, denn das ist eine Frage der nationalen Würde. In den Zeitungen von Réunion und Mauritius tauchen manchmal Annoncen auf, die den Besuchern die Dienste junger madagassischer Hostessen anempfehlen. Die Hoteliers meiden jede Stellungnahme, um nicht auf sich aufmerksam zu machen.
Eine anderes Schreckgespenst ist Aids, das sich nur einen Katzensprung entfernt, auf dem afrikanischen Kontinent, verheerend ausgebreitet hat. Noch ist die Infektionsrate auf Madagaskar relativ gering, aber auch hier muss man eine Explosion befürchten: Vor allem weil es bereits zahlreiche Geschlechtskrankheiten gibt – 12 Prozent aller schwangeren Frauen leiden an Syphilis. Am 19. Mai letzten Jahres wurde mit verschiedenen internationalen Institutionen eine Vereinbarung über ein umfangreiches Vorsorgeprogramm getroffen. Präsident Ratsiraka hat im März erklärt, er wolle nicht, „dass Aids oder irgendein anderes importiertes Laster – sei es Drogensucht, Pädophilie oder Homosexualität“, die Madagassen treffe.
PH. L.