Verfolgung, Flucht und Neubeginn
MENNONIT ist, wer einer der evangelischen mennonitischen Gemeinden angehört, die im Zuge der Reformationsbewegungen des 16. Jahrhunderts entstanden sind. Erstmals taucht die Bezeichnung 1544 auf, abgeleitet vom Namen eines friesischen Priesters, Menno Simons (1496–1561), der sich vom Katholizismus abwandte und zum Baptismus bekannte.
Man kann die Mennoniten als Nachfolger der Wiedertäufer ansehen, einer deutschen Sekte, die in Sachsen unter der Führung von Thomas Müntzer (1489–1525) entstand und nicht nur die Erwachsenentaufe, sondern die Weiterführung der Reformation als gesellschaftliche Bewegung zum Programm machte, namentlich durch Gütergemeinschaft. Von Luther heftig abgelehnt und von den Mächtigen verfolgt, verlagerten die Wiedertäufer ihre Aktivität nach Süddeutschland. Sie spielten eine wichtige Rolle im Bauernkrieg. Nachdem die Bauern 1525 geschlagen worden waren, besetzten die überlebenden Wiedertäufer das westfälische Münster und errichteten dort (von 1532 bis 1535) ein Königreich Zion nach ihren kommunitären Grundsätzen. Nach der Einnahme der Stadt durch ein katholisches Heer wurden sie gnadenlos verfolgt. Menno Simons organisierte, nachdem er sich mit Zwingli über die Frage der Einheit von Kirche und Staat zerstritten hatte, in der Schweiz die so genannte Bewegung der radikalen Reformation, die die völlige Unterwerfung unter das Wort der Bibel, die Taufe als bewusstes Bekenntnis zum Glauben, die Ablehnung von Kriegsdienst und Eid sowie die strikte Trennung von Kirche und Staat vertrat.
Zu allen Zeiten – von Karl V. über Luther und Zwingli bis Stalin – waren die Mennoniten, wie alle Täufergemeinden, ständiger Verfolgung ausgesetzt. Hunderttausende wurden umgebracht. Die vier Jahrhunderte ihrer Geschichte sind geprägt von immer neuen Auswanderungsbewegungen: Zuerst von Holland nach Deutschland, dann nach Polen, in die Ukraine, nach Sibirien, nach Kanada und in die USA, nach Mexiko und schließlich nach Südamerika. Heute gibt es weltweit etwa 700 000 (getaufte) Mennoniten, das heißt mehrere Millionen, wenn man alle Familienangehörigen dazurechnet. 350 000 von ihnen leben in den USA (darunter die Amish), wo auch die zentrale Leitung, das Mennonitische Zentralkomitee (MCC), ihren Sitz hat.