16.11.2001

Gesetzliche Regelungen

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Gesetzliche Regelungen

IN den Niederlanden, wo man sich gern pragmatisch gibt, ist die Prostitution seit Oktober 2000 legalisiert. Wer zusätzlich zu den bestehenden etwa 700 „Sexhuisen“ ein weiteres eröffnen will, benötigt eine Genehmigung der Stadtverwaltung. Die 10 000 volljährigen Prostituierten aus EU-Staaten sind als Vollzeitbeschäftigte in ihrem Beruf anerkannt. Für Wijnand Stevens vom Justizministerium ist „eines der Hauptziele der Legalisierung die Normalisierung der freiwilligen Prostitution, damit wir gleichzeitig besser gegen die Zwangsprostitution vorgehen können“. Ein schwaches Argument, wenn man bedenkt, dass die Hälfte der niederländischen Prostituierten von sich selbst sagen, dass sie zu dieser Tätigkeit gezwungen wurden. Im Übrigen gehen Migrantinnen ohne Aufenthaltserlaubnis sowieso auf den Straßenstrich, wo sie weiteren Gefahren ausgesetzt sind.

In Schweden dagegen werden seit Januar 1999 die Freier strafrechtlich belangt. Sie riskieren eine Geldstrafe und bis zu sechs Monate Haft. Doch die 2 500 Prostituierten des Landes entziehen sich der neuen Regelung, sie sind auf den Straßen nicht mehr zu sehen und finden ihre Kunden jetzt telefonisch oder per Internet.

In Dänemark und Griechenland wurde die Prostitution ebenfalls in einen gesetzlichen Rahmen gestellt. Der Deutsche Bundestag hat im Oktober 2001 einem Gesetzentwurf zur Verbesserung der sozialen und rechtlichen Stellung von Prostituierten zugestimmt, wonach Prostituierte als „sexuelle Dienstleisterinnen“ betrachtet werden und Anspruch auf gesetzliche Kranken- und Sozialversicherungsleistungen haben.

Ähnliches fordern auch einige französische Prostituierte, die sich bereits im Jahr 1975 mit einem ersten Manifest an die Öffentlichkeit wandten. Sie verlangen die Anerkennung ihrer Tätigkeit im Rahmen des „Grundrechts der Verfügung über den eigenen Körper“. Diese Forderung nützt jedoch faktisch eher den Interessen der Zuhälter und macht den Prostituierten den Ausstieg aus ihrem Gewerbe und vor allem aus dem kriminellen Milieu nicht wirklich leichter. Denn diesen Frauen gehört ihr Körper nicht. Er ist vielmehr dem Willen des Zuhälters und den Wünschen des Freiers unterworfen. Für die Soziologin Marie-Victoire Louis hat mit der Legalisierung der Prostitution eindeutig „die Marktlogik den Sieg davongetragen“.

Unter den 72 Staaten, die sich für die Abschaffung der Prostitution stark machen, finden sich beispielsweise Italien, Luxemburg und Portugal, während Belgien, Großbritannien und Spanien einen Mittelweg beschreiten. In Frankreich gilt die Prostitution als illegal. Doch die französische Gesetzgebung bleibt doppelzüngig. Sie stellt zwar Zuhälterei unter Strafe, lässt jedoch die Freier ungeschoren. Sie fordert Steuern von den Prostituierten, ohne ihnen im Gegenzug soziale Rechte zu gewähren. Auch die bisherigen Präventions- und Wiedereingliederungsmaßnahmen sind völlig unzureichend. Lediglich die Zuhälterei wird seit 1994 deutlich strenger geahndet: Auf gemeinschaftlich organisierte Zuhälterei stehen 20 Jahre Freiheitsentzug, Zuhälterei mit Gewaltanwendung wird mit „lebenslänglich“ bestraft.

F. L.

Le Monde diplomatique vom 16.11.2001, von F. L.