11.01.2002

Michael Kovner

zurück

Michael Kovner

DER israelische Maler Michael Kovner, kam 1948 im Kibbuz Ein Ha-Horesh als Sohn des Dichters und Widerstandskämpfers Abba Kovner („Nicht wie die Schafe zur Schlachtbank“) zur Welt und wuchs mit den aufgeladenen Symbolen des zionistischen Projekts auf. Seine „Portscapes“, die wir in dieser Nummer abbilden, sind Teil einer Serie von Erinnerungsbildern, die persönliche Einblicke in das kollektive Gedächtnis Israels gewähren.

Kovners Schiffe sind blickdichte Behältnisse, die die Entwicklung der israelischen Saga des zwanzigsten Jahrhunderts transportieren. Einst kamen die Juden auf Schiffen ins Land, einst gelangten die Produkte des Landes auf Schiffen in die Welt. Doch wie das Projekt selbst sind Kovners heutige Schiffe von der Wirklichkeit beschwert, fast reglos verstellen sie den Horizont oder scheinen auf dem Weg in die Ferne vom Versinken bedroht. Durch die kräftigen, flächig aufgetragenen Ölfarben fangen Kovners Bilder unterdrückte Spannungen ein, die zwischen Statik und Bewegung verharren. Farbblöcke treiben bleiern auf stillen Wassern. Wie in Zeitlupe wird das Endgültige in ängstlicher Erwartung eingefangen. In jeder unscheinbaren Ansicht mischen sich Aufbruchshoffnung und Desillusionierung, und hinterlassen ein Gefühl von Schmerz und Distanz – das Bild einer Epoche im Zwielicht. HANNAH ASCHHEIM, Verlagsleiterin, Jerusalem

Le Monde diplomatique vom 11.01.2002, von HANNAH ASCHHEIM