Frank Stella
MICH beeindrucken die ungeheure Wucht der Sprache, das filmähnliche Tempo der Handlungen und das Schwindel erregende Wechselspiel von Realität und Illusion“, begründete der US-amerikanische Künstler Frank Stella seine Heinrich-von-Kleist-Serie. Die grellbunten Aluminiumreliefs, ausladenden Leinwandbilder und -collagen sowie Skulpturmodelle sind derzeit am Berliner „Pfefferberg“ zu sehen, wo die aus Japan stammende „Akira Ikeda Gallery“ ihre erste europäische Dependance errichtet hat. Die Werke wollen keinesfalls Interpretationen der verschiedenen Kleist-Texte sein, vielmehr stellen sie Assoziationen dar. Durch die vielfältige Variation verschiedener Elemente schafft es Stella, den Eindruck von Reichtum wie von Strenge zu erzeugen.
Besonders dicht sind die kleinen Wandreliefs, die auf Kleist-Briefe verweisen: Obwohl aus schwerem Material, scheinen sie zu schweben; aus ihren Körpern vermeint man einen Klang zu vernehmen, der den Form- und Farbeindruck ergänzt.
So ist der Kleist-Zyklus eine Fortsetzung von Stellas Suche nach Raum, denn „letztlich geht es in der Kunst immer darum, Raum zu schaffen – Raum, der nicht durch Dekoration oder Illustration verdrängt wird; Raum, in dem der Gegenstand des Bildes leben kann“. Stella, der in den sechziger Jahren das traditionelle Bildgeviert aufbrach, benutzt in „Die Hl. Cäcilie oder die Gewalt der Musik“ die Form des Altarbildes – und sprengt diese zugleich. Kleists Geschichte – von vier jungen Rebellen, die, von den Klängen eines Oratoriums berauscht, in tiefe Andacht verfallen, aus der sie bis zu ihrem Tode in einer Heilanstalt nicht mehr erwachen – hat hier einen Resonanzraum gefunden: fünf sich überlappende Tableaus, die durch die runde Oberseite die ewige Fortdauer eines Kreises assoziieren und trotz Teilung und kompositorischer Doppelungen geschlossen wirken – die Gewalt der Musik. M.L.K.