Ein Vierteljahrhundert der Konflikte
1974: Durch eine Verfassungsänderung wird Jugoslawien zum Bundesstaat. Das Kosovo erhält als autonome Provinz in Serbien Sitz und Stimme in den föderalen Gremien und ein Vetorecht bei allen Entscheidungen der serbischen Republik.
1981: Im Kosovo fordern zehntausende von Albanern die Umwandlung der Provinz in eine Republik. Die Kundgebungen werden blutig niedergeschlagen.
1987: Slobodan Milosevic wird zum Generalsekretär des Bundes der Kommunisten in Serbien gewählt.
1988: Massenkundgebungen in Serbien gegen den „Völkermord an den Serben des Kosovo“. Absetzung albanischer Funktionäre.
1989: Generalstreik und Unterschriftensammlung der Kosovo-Albaner gegen die auf Bundesebene bereits beschlossenen Verfassungsänderungen, die dem Kosovo das Vetorecht als autonome Provinz nehmen sollen. Truppen der Bundespolizei greifen ein. Hungerstreik der Bergleute von Trepca. Nach der blutigen Niederschlagung des Widerstands ratifiziert das Parlament des Kosovo die Änderung der serbischen Verfassung. Slobodan Milosevic wird zum serbischen Staatspräsidenten gewählt. Verhängung des Ausnahmezustands über das Kosovo.
1990: Die Delegierten Kroatiens und Sloweniens verlassen den Parteitag des jugoslawischen Bundes der Kommunisten. Das Parlament des Kosovo wird aufgelöst, die albanischen Abgeordneten rufen eine eigene Republik Kosova im Rahmen der Bundesrepublik aus. Massenentlassungen von Albanern. Aufbau eigener staatlicher Strukturen durch die Albaner. In Kroatien wird die verfassungsrechtliche Stellung der serbischen Bevölkerung verschlechtert.
1991: Unabhängigkeitserklärungen Kroatiens und Sloweniens (25. Juni). Bei der Volksabstimmung der Albaner im Kosovo erklärt sich die Mehrheit für die Unabhängigkeit (30. September). Mazedonien erklärt die Unabhängigkeit (21. November). Krieg in Kroatien (August bis Dezember). Nach dreimonatiger Belagerung wird Vukovar von serbischen Truppen eingenommen. Ausrufung einer serbischen Republik in der Krajina, Vertreibung der Kroaten.
1992: Unabhängigkeitserklärung Bosniens (6. April), Beginn des Krieges, der bis 1995 dauert. Der UN-Sicherheitsrat verhängt ein dreifaches Embargo (Handelssperre, Ölembargo, Sperrung des Luftraums) über Serbien und Montenegro (Mai). Kroatien, Slowenien und Bosnien erhalten Sitz und Stimme bei den Vereinten Nationen, der Aufnahmeantrag der neuen Bundesrepublik Jugoslawien wird abgelehnt.
1993–1994: Krieg zwischen Kroaten und Muslimen. Auf Drängen der USA wird die Muslimisch-Kroatische Föderation eingerichtet.
22. Februar 1993: Der UN-Sicherheitsrat beschließt die Einrichtung eines Internationalen Strafgerichts für das ehemalige Jugoslawien (ICTY).
Sommer 1995: Serbische Angriffe auf die von den Vereinten Nationen eingerichteten „Sicherheitszonen“, u. a. auf Srebrenica (7 000 Tote). Im August erobert die kroatische Armee die Krajina zurück und vertreibt hunderttausende von Serben.
21. November 1995: Zum Abschluss der Konferenz von Dayton (Ohio) unterzeichnen die Präsidenten Milosevic, Tudjman und Izetbegovic ein Abkommen über die Respektierung der territorialen Integrität Bosnien-Herzegowinas, das zugleich die Teilung der Republik nach ethnischen Kriterien in die Republika Srpska (RP) und die Muslimisch-Kroatische Föderation vorsieht. Die Verträge beinhalten auch die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem UN-Tribunal (ICTY). Die Sanktionen gegen Serbien und Montenegro werden aufgehoben.
1996–1997: Erste Aktionen der Befreiungsarmee des Kosovo (UÇK). In einer gemeinsamen Erklärung verurteilen der deutsche und der französische Außenminister und der stellvertretende US-Außenminister John Kornblum terroristische und separatistische Aktivitäten.
1998: Kämpfe im Kososvo. Bei einer Militäraktion in der Drenica, einem lokalen Rückzugsgebiet der UÇK, werden deren Führer Adem Jashari und 36 Mitglieder seines Clans getötet. Die UÇK gewinnt an Einfluss. 2 000 Tote und 250 000 Flüchtlinge sind das Resultat der bewaffneten Auseinandersetzungen. Belgrad stimmt dem Plan des US-Vermittlers Richard Holbrooke zu: Rückkehr der Flüchtlinge, vorläufige Autonomie des Kosovo für drei Jahre, Entsendung von 2 000 Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
Januar–März 1999: Massaker in Racak (Januar). Friedensgespräche in Rambouillet und Paris. Die erste Phase der Verhandlungen (6.–20. Februar) scheitert, weil die albanische Delegation den Autonomiestatus ablehnt und die serbische Seite keine bewaffnete internationale Schutztruppe dulden will. UÇK-Führer Ashim Thaci wird in den USA zu offiziellen Gesprächen empfangen. In der zweiten Verhandlungsrunde (15.–19. März) unterzeichnen die Albaner einen Vertrag, dessen „militärischer Annex B“ die Verlegung von Truppen der Nato in die Bundesrepublik Jugoslawien vorsieht. Serbien lehnt die Vereinbarung ab.
23. März bis 9. Juni 1999: Luftangriffe der Nato. In der UN-Resolution 1244, die den Kampfhandlungen ein Ende setzt, wird das Kosovo als „jugoslawische Provinz“ unter dem Protektorat der Vereinten Nationen definiert.
5. Oktober 2000: Milosevic erkennt seine Niederlage bei den Wahlen vom September an. Vojislav Kostunica wird Präsident der Bundesrepublik Jugoslawien.
28. Juni 2001: Auf Beschluss der serbischen Regierung und gegen das Veto des Verfassungsgerichts wird Slobodan Milosevic an das Tribunal der Vereinten Nationen in Den Haag ausgeliefert.