Comics

Die letzte Seite gehört dem avantgardistischen, kritischen Comic. Eigens für die Zeitung gezeichnet, werden hier Bildergeschichtenerzählt, die Themen aus Politik und Alltag aufgreifen: meist frech, oft absurd, manchmal melancholisch.Unter anderen waren bisher vertreten: Elvis Studio, Anke Feuchtenberger, Holger Fickelscherer und ATAK.

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“Die Geschichte von der Verschickung der Inuit in die Hohe Arktis hat für mich auch einen persönlichen Hintergrund. Denn es war zur gleichen Zeit, als mein Vater in einem Internierungslager in Oberösterreich von Inco Limited angeworben wurde: 1959 beantragte mein Vater aus Jugoslawien politisches Asyl in Österreich. Drei Monate später lebte er in Kanada und arbeitete bei dem Bergbaukonzern Inco Limited in Thompson, Manitoba.

Ich habe mich schon immer über die reibungslose Integration meines Vaters gewundert. Aber während meiner Arbeit an dem Comicbuch “Vaterland” hatte ich dieser Episode nicht viel Beachtung geschenkt. Ich interessierte mich damals vor allem für seine terroristische Vergangenheit, die Mitgliedschaft in der nationalistischen Gruppe “Freiheit für das Serbische Vaterland” und die Umstände seines Todes. Er starb 1977 bei einem Bombenanschlag in Toronto.

“Freiheit für das Serbische Vaterland” wurde 1965 in Paris gegründet. Doch warum rekrutierten die Anführer der Gruppe vor allem in den USA und Kanada neue Mitglieder? Ganz einfach, viele Serben hatten sich aus dem kommunistischen Jugoslawien in die extrem antikommunistischen USA und Kanada abgesetzt.

Erst als mein Buch bereits veröffentlicht war, erfuhr ich von einem pensionierten Aufnahmeleiter vom CBC Radio, warum es für meinen Vater damals so einfach gewesen war, in Kanada anzukommen. Er erzählte mir, dass Inco Limited in den 1940er und 1950er Jahren gezielt Antikommunisten aus dem Ostblock und sogar Altnazis anwarb. Sie sollten als menschliche Bollwerke gegen Gewerkschaften und Streikbewegungen dienen.”

Nina Bunjevac ist 1974 in Toronto geboren. Als ihre Mutter ihren Vater verließ, war sie ein Jahr alt. Bis 1990 lebte sie bei ihrer Mutter in Jugoslawien; mit 16 kehrte sie nach Kanada zurück: “In der Schule lernten wir zwar einiges über Kanadas koloniale Vergangenheit und kannten die Horrorgeschichten über die biologische Kriegsführung gegen die Indigenen; aber man sprach kaum über die schrecklichen Residential Schools, die sogenannten Indianer-Internate (das letzte wurde 1980 geschlossen), die soziale Isolation und Armut in den Reservaten (noch heute ist die Jugend-Suizid-Rate hier am höchsten), Alkoholmissbrauch, Landraub, Mord und Menschenraub. Erst im Juni 2015 wurden die Vorgänge in den Residential Schools, in denen schätzungsweise 6000 Kinder infolge von unbehandelten Krankheiten und Misshandlungen gestorben sind, als “kultureller Genozid” anerkannt. Warum haben wir für diesen kleinen Schritt so lange gebraucht?”

Nina Bunjevac studierte an der Djordje-Krstic-Hochschule für angewandte Kunst in Belgrad. Ihr Buch “Vaterland“ erschien 2015 im avant-verlag. http://ninabunjevac.com.