14.06.2013

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Schwächelt China?

Das Wirtschaftswachstum Chinas ist im 1. Quartal mit 7,7 Prozent schwächer ausgefallen als erwartet. Da sich dieser Trend im April und Mai noch verstärkt hat, gehen einige Experten bereits davon aus, dass das von der Staats- und Parteiführung verkündete Ziel von 7,5 Prozent Wachstum für das Jahr 2013 verfehlt wird. Ein Grund für die schwächeren Zahlen sind auch aufgeblähte frühere Statistiken, bei denen sich hinter gemeldeten Exportziffern betrügerische Währungsgeschäfte verbargen, heißt es in einem Bericht der Agentur Reuters. Der absehbare Abwärtstrend spiegelt nicht nur die reduzierten Exportaussichten Chinas angesichts der Konjunkturschwäche in vielen Zielländern chinesischer Produkte, er zeigt auch die Schwierigkeiten bei der Umsetzung eines balancierten Binnenwachstums. Einen Einblick in die inneren Widersprüche der aktuellen chinesischen Wirtschaftspolitik bieten zwei Texte, die in Le Monde diplomatique erschienen sind: „Im Land der Schattenbanken“ vom April 2012 analysierte Shi Ming insbesondere die Schwächen des Finanzsektors. Und in ihrem Beitrag „Die Partei hat immer recht“ vom September 2012 nimmt Martine Bulard die Rolle der „kommunistischen“ Partei als Lenkungs- und Korruptionszentrum unter die Lupe.

Aus der Krise lernen?

Zu Beginn der internationalen Finanzkrise, deren Folgen zunehmend die Realwirtschaft zu spüren bekommt, war die Zerknirschung groß. Selbst vormals neoliberale Fundamentalisten klagten über die „eingebauten Fehlanreize“ in einem System, das hochriskante Spekulationsgeschäfte mit Bonusversprechen anfeuerte, aber für den Fall, dass etwas schiefgeht, keine entsprechenden Strafen vorsieht. Eine Umfrage in der Londoner City hat jetzt ergeben, dass sich an den falschen Anreizsystemen überhaupt nichts geändert hat – oder alles nur noch schlimmer geworden ist. Auch auf EU-Ebene zeigt sich, dass die Bankenlobby selbst die bescheidenste Korrekturidee – eine Finanztransaktionssteuer im Promillebereich – zu torpedieren oder zu verwässern versucht. Bei diesem Stand der Dinge ist es außerordentlich lohnend, sich die einzelnen Stufen der Finanzmarktkrisen, die der aktuellen vorausgingen, noch einmal vor Augen zu führen: Ganz zu Beginn der jüngsten „systemischen“ Erschütterung, deren Folgen noch längst nicht ausgestanden sind, beschrieb Frederic Lordon im September 2007 in Le Monde diplomatique „Die Mechanik der Finanzkrise“.

Le Monde diplomatique vom 14.06.2013