10.03.2006

Meldungen des Monats

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Meldungen des Monats

Schlechte Nachrichten

In Kenia hat die Polizei am 2. März das Gebäude der Zeitungsgruppe The Standard gestürmt und vorübergehend besetzt. Die Aktion, die von Innenminister John Michuki angeordnet wurde, folgt auf die Anklage gegen Redakteure und Journalisten der Zeitung, die über ein Geheimtreffen zwischen Präsident Mwai Kibaki und einem früheren politischen Gegner berichtet hatte. Die Anklage lautet auf „Publikation falscher Gerüchte in der Absicht, die Öffentlichkeit in Panik zu versetzen“. Die einschüchternde Aktion der Polizei galt nicht nur der Redaktion der Zeitung, sondern auch dem Sender KTN-Television, in dem erheblicher Sachschaden angerichtet wurde.

In den Philippinen droht die Pressefreiheit zum Opfer des von Präsidentin Gloria Arroyo verhängten Ausnahmezustands zu werden. Am 25. Februar wurden die Räume der oppositionellen Zeitung Daily Tribune durchsucht und Schriftstücke beschlagnahmt. Auch Crispin Beltran, der Anführer einer linken Parteikoalition, wurde verhaftet. Politiker der Opposition, Menschenrechtsaktivisten und Kirchenführer haben die Erklärung des Ausnahmezustands verurteilt, den die Präsidentin als Maßnahme gegen einen drohenden Militärputsch rechtfertigt, und Arroyo zum Rücktritt aufgefordert. Die Regierung hat alle Medien davor gewarnt, diese Aufrufe zu publizieren. Wer wie die Daily Tribune nicht gehorcht, wird selbst zum Opfer des Ausnahmezustands.

Gute Nachrichten

In Usbekistan wurde der Journalist Nosi Zokirow am 26. Februar aus der Haft entlassen. Der Journalist, der für Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) gearbeitet hatte, war im August 2005 verhaftet worden, nachdem er einen Augenzeugen des blutigen Durchgreifens der staatlichen Sicherheitskräfte in Andischan interviewt hatte. Ein Gericht verurteilte ihn zu einer sechsmonatigen Gefängnisstrafe wegen „Beleidigung eine Mitglieds der Regierung“, ohne irgendwelche Zeugen zu hören. Zikirow musste seine Haftstrafe voll absitzen und wurde in dieser Zeit weiter von Mitgliedern des Geheimdienstes SND verhört. Nach seiner Haftstrafe steht er ohne Arbeit da, weil das Taschkenter Büro von RFE/RL im Dezember 2005 von den Behörden geschlossen wurde. Auch andere westliche Medien wie die BBC können in Usbekistan nicht mehr arbeiten.

In Mexiko hat das Justizministerium am 15. Februar eine Sonderabteilung bei der Bundesanwaltschaft eingerichtet, die in Fällen von Attentaten und Angriffen gegen Journalisten ermitteln soll. Die weltweit einzigartige Institution ist die Antwort auf eine Welle von Gewalttaten gegen Medienarbeiter. In den letzten sechs Jahren wurden in Mexiko 16 Journalisten ermordet oder entführt, ohne dass je ein Täter oder Verdächtiger verhaftet wurde. Die Opfer der Verbrechen recherchierten meist über Rauschgifthandel und andere kriminelle Aktivitäten. Allerdings wird die Zuständigkeit für Fälle in Verbindung mit Rauschgiftdelikte der neuen Instanz explizit vorenthalten.

Le Monde diplomatique vom 10.03.2006