09.04.2010

Das Drama der Teilung

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Das Drama der Teilung

Als 1947 Indien und Pakistan entstanden, mussten zwölf Millionen Menschen ihre Heimat verlassen von Urvashi Butalia

Rashpal Ahluwalia war im August 1947 gerade zehn Monate alt. In seinem Geburtsort Lyallpur lebte seine Familie schon seit Generationen. Auch wenn das eine oder andere Familienmitglied einmal für längere Zeit fortging, auf eine Reise oder um Arbeit zu finden – das Dorf im Pandschab für immer zu verlassen, wäre keinem je in den Sinn gekommen.

Doch im Sommer 1947 änderte sich alles: Nach fast zwei Jahrhunderten Kolonialherrschaft hatten die Briten entschieden, sich aus dem indischen Subkontinent zurückzuziehen. Als letzten Akt beschlossen sie die Aufteilung ihres Herrschaftsgebiets in zwei Staaten, Indien und Pakistan. Sie verwiesen darauf, dass die politischen Parteien und ihre Führer in Indien dies so wollten – weil ein Zusammenleben von Hindus und Muslimen nicht mehr möglich sei. Besonderes Gewicht hatte dabei die Forderung von Muhammad Ali Jinnah, dem Führer der Muslim-Liga, nach einem eigenen Staat für die Muslime: Pakistan, das „Land der Reinen“.

Die unüberbrückbaren Gegensätze von Hindus und Muslimen, auf die man sich nun berief, waren allerdings nicht zuletzt Folge der langjährigen britischen Politik des „Teile und herrsche“. Am Ende fanden sich die meisten Betroffenen mit der Situation ab, und in allen indischen Gemeinschaften wuchs die Überzeugung, dass es keine andere Lösung gebe als die Teilung des Landes.

Der kleine Rashpal konnte davon nichts wissen. Seiner Familie erging es wie den meisten: Man hörte Gerüchte und machte sich Sorgen über die Folgen einer Teilung. Wohin sollten sie sich wenden? Es hieß, die Muslime gehörten nach Pakistan, die Hindus nach Indien – aber was war mit den Sikhs, den Parsen, den Christen, den Dalits? Wurden sie überhaupt gefragt? In den Monaten und Tagen vor der Teilung spürten alle, wie Angst und Anspannung stiegen, ganz besonders im Norden Indiens.

Nach dem Willen der Briten war die Religionszugehörigkeit das entscheidende Kriterium: Es musste ein neues, eigenes Land für die Muslime geschaffen werden. Aber auf welchem Territorium? In Indien gab es kaum eine Region, in der nicht sowohl Muslime als auch Hindus lebten. Würde die Entstehung eines neuen Staats nicht bedeuten, dass viele Menschen ihre Heimat verlassen mussten, den Ort, wo sie ihre Felder oder ihren Arbeitsplatz hatten, wo die Kinder zur Schule gingen, wo die Ersparnisse auf der Bank lagen?

Viele Menschen glaubten, diese Entwicklung werde nicht von Dauer sein oder sie selbst seien davon nicht betroffen. Man tröstete sich mit Redensarten: „Die Könige und Herrscher kommen und gehen, aber das Volk ändert sich nicht.“ Aber manche nahmen die Bedrohung ernst und trafen Vorbereitungen für den Umzug in Gebiete, die sicherer schienen. Andere hofften ihre Position zu stärken, indem sie die ganze Familie nach Hause riefen.

Rashpals Großeltern wählten diesen Weg: Sie versammelten alle Mitglieder der Großfamilie, die weit verstreut im Pandschab lebten, in ihrem Heimatort, in der Hoffnung, sich so besser schützen zu können. Aber die Spannungen nahmen zu, und die Älteren in der Familie mussten der Tatsache ins Gesicht sehen, dass ihre Entscheidung vielleicht falsch war.

Da war man nur noch Hindu, Muslim oder Sikh

Es herrschte eine Atmosphäre, in der keiner mehr dem anderen traute, alte Freunde entzweiten sich, wer einer anderen Religion angehörte, erschien plötzlich als Feind. Mit einem Mal war die Religion das entscheidende Identitätsmerkmal: Menschen, die sich stets als Bauern, Akademiker, Dorf- oder Stadtbewohner, Reiche, Arme, Alte oder Junge, Verheiratete oder Ledige begegnet waren, nahmen einander nun als Hindus, Muslime oder Sikhs wahr. Entlang dieser Linien verliefen dann auch die politischen Diskussionen jener Jahre.

Anfang August 1947 fassten Rashpals Großeltern den Entschluss, mit der ganzen Familie nach Amritsar umzusiedeln – es schien klar, dass die heilige Stadt der Sikhs zu Indien gehören würde. Also schlossen sie sich einer kafila an, einer großen Reisegruppe, die in Fußmärschen über die neue Grenze nach Indien ziehen wollte. Aber kurz vor Amritsar wurde die Karawane von einer großen gewalttätigen Menschenmenge angegriffen – fast alle Mitglieder von Rashpals Familie wurden umgebracht, darunter seine Mutter und seine Schwester.

Rashpal erlitt Messerstiche am Hals und Arm und blieb am Ort des Massakers liegen – nur ein Zufall rettete ihm das Leben. Ein Junge, der sich im Gebüsch versteckt hatte, traute sich wieder hervor, als die Angreifer abgezogen waren. Er wollte nach Amritsar. Als er sah, dass das Kleinkind noch lebte, hob er Rashpal auf, wickelte ihn in das Tuch seines Sikh-Turbans (Pagri) und brachte ihn in der Stadt ins Krankenhaus.

Hunderttausenden erging es wie Rashpals Familie. Nach Meinung vieler Experten löste die Teilung Indiens die größte Migrationsbewegung aller Zeiten aus: Niemals mussten so viele Menschen in so kurzer Zeit ihr Land und ihren Wohnort verlassen. Schätzungen zufolge machten sich innerhalb weniger Monate etwa zwölf Millionen Menschen auf den Weg, um entweder vom neuen indischen Staat in die beiden Teile des neuen muslimischen Staats, Ost- und Westpakistan, zu gelangen oder von dort nach Indien zu kommen.

Die größte Bevölkerungsverschiebung – von mehr als zehn Millionen Menschen – fand an der neuen Westgrenze statt, im früheren indischen Teilstaat Pandschab. Die Muslime zogen nach Westen, die Hindus und Sikhs nach Osten. Es kam bei dieser ungeheuren Migration immer wieder zu Gewalttaten, mehr als eine Million Menschen starben. Außerdem wurden hunderttausende Frauen vergewaltigt, entführt und zwangsverheiratet oder zur Prostitution gezwungen.

Über diese humanitäre Tragödie wurde in Indien jahrzehntelang geschwiegen. Unzählige Bücher sind über die Teilung Indiens geschrieben worden, aber darin ging es vor allem um die politischen Führer und Parteien, insbesondere um den Konflikt zwischen der Muslim-Liga und der Kongress-Partei. In den Geschichtsbüchern ist kaum Platz für die Gefühle der Menschen, für den Schmerz, die Trauer, die erlittene Gewalt, die der Preis waren für die Teilung. Historiker wollen objektiv sein, die Geschichten der Menschen sind zu subjektiv, zu speziell, um Eingang in ihre Werke zu finden.

Aber es gibt noch einen anderen Grund, warum die Inder sich schwertun, über die Gewalt während der Teilung des Subkontinents zu sprechen: Niemand will das Bild von der glorreichen Erlangung der Unabhängigkeit beflecken. So hatte die Erinnerung an die dunklen Seiten nur ihren Platz in den Köpfen der Menschen, wurde innerhalb der Familien weitergegeben und bewahrt. Die Überlebenden von damals wollten, ja mussten wieder und wieder über ihre Erfahrungen sprechen: Über Verunsicherung, Schrecken und Trauer, über den Verlust ihrer Heimat, den Abschied von Freunden, Nachbarn und Familienmitgliedern. Die meisten von ihnen, ob in Indien oder in Pakistan, wünschen sich bis heute, noch einmal an ihren alten Wohnort zurückkehren und alte Freunde und Verwandte wiedersehen zu können. Aber Indien und Pakistan sind immer noch verfeindet, und darum bleibt diese Hoffnung unerfüllt.

Das allgemeine Schweigen über das Leid, das die Teilung brachte, lastet auf manchen Menschen besonders schwer. Bestimmte Erfahrungen können bis heute kaum öffentlich angesprochen werden. Ganz besonders gilt dies für das Schicksal der Frauen. Dass damals unzählige Frauen vergewaltigt und entführt wurden, ist seit langem bekannt. Nachdem die ersten Frauen als vermisst gemeldet wurden, zeigte sich bald das ganze Ausmaß dieses Problems.

Die Regierungen Indiens und Pakistans – damals offenbar gesprächsbereiter als heute – verhandelten die Frage und kamen im Dezember 1947 zu einer Übereinkunft: Entführte Frauen sollten gesucht und zu ihren Familien zurückgebracht werden. Aus Sozialarbeiterinnen und Polizisten gebildete Suchteams konnten ihre Arbeit in beiden Ländern aufnehmen, um die Frauen zu finden, sie zunächst in Lager zu bringen und dann den Familien zu übergeben.

Es dauerte allerdings oft Monate oder gar Jahre, bis ein Suchtrupp Erfolg hatte. Manche Frauen waren inzwischen verheiratet oder hatten Kinder – sie wollten gar nicht mehr „gerettet“ werden. So kam es auch zur zwangsweisen Rückführung von Frauen – was sich bald als Problem erweisen sollte. Denn nicht immer war die Familie schnell ausfindig zu machen, und es stellte sich die Frage, unter welchen rechtlichen Maßgaben der Staat eine erwachsene Frau gegen ihren Willen in Verwahrung behalten durfte. Die indische Regierung griff auf das Strafrecht zurück: Häufig wurden die Frauen einfach „verhaftet“ und ohne Anklage so lange in Untersuchungshaft gehalten, bis der Fall „geklärt“ war.

Für die „geretteten“ Frauen kam eine weitere Schwierigkeit hinzu. Viele machten die Erfahrung, dass sie in ihren Familien nicht mehr willkommen waren. Weil sie mit Männern der „anderen“ Religion zusammengelebt (und mit ihnen Sex gehabt) hatten, galten sie jetzt als „unrein“. Nicht wenige dieser Frauen verbrachten den Rest ihres Lebens in Lagern der Regierung – Opfer im großen Spiel der Staatenbildung.

Oft dauerte es Jahre, bis die Suchteams eine vermisste Person ausfindig machten, weil die Familien erst wieder zusammengefunden haben mussten, bevor sie eine Suchmeldung abgeben konnten. Manche Frauen hatten, als das Suchteam sie schließlich antraf, zu ihrem Entführer eine Beziehung aufgebaut (oder erklärten gar, ihn zu lieben) und wollten nicht noch einmal entwurzelt werden. Doch die Zeiten der neu entstandenen Länder hatten kein Verständnis für Liebesgeschichten.

Der indische Bauer Buta Singh hatte von Männern in seinem Heimatort eine Frau „gekauft“ – ganz eindeutig eine entführte Muslimin –, mit der er zusammenlebte und die er nach einer Weile auch heiratete. Die Nachbarn bezeugten später, Buta und Zainab hätten sich sehr geliebt. Fünf Jahre waren sie glücklich miteinander, zwei Töchter wurden geboren. Aber etwa 1952 war es so weit: Die Ermittler tauchten bei Buta Singh auf, um Zainab zu „retten“. Gegen ihren Willen musste sie gehen.

Fast ein Jahr lang versuchte Buta Singh nach Pakistan zu gelangen, um seine Frau zurückzuholen. Vergeblich. Schließlich verkaufte er alles, was er besaß, trat zum Islam über und schaffte es, mit seinem letzten Geld in das pakistanische Dorf zu reisen, in dem Zainab nun lebte. Er musste feststellen, dass man sie inzwischen mit einem Vetter verheiratet hatte. Buta Singh flehte, bettelte, drohte – es half alles nichts. Zuletzt beugte sich Zainab dem Druck ihrer Familie und sagte sich, den Regeln der Scharia folgend, von ihm los. Am nächsten Tag warf er sich vor einen Zug. In seinem Abschiedsbrief bat er darum, in Zainabs Dorf begraben zu werden.

Die Geschichte von Buta Singh und Zainab ist legendär, von ihr ist in vielen Zeitungen die Rede gewesen. Aber es gibt unzählige solcher herzzerreißender Geschichten aus der Zeit der Teilung.

Besser tot als eine Verräterin

Ein anderes Kapitel aus jener Zeit, vor allem im Pandschab, bilden die Geschichten vom „Märtyrertum“ der Frauen. Manche Frauen mussten sterben, weil ein Mann in ihrer Familie sie vor der Unreinheit „bewahren“ wollte, von den Angreifern, den Männern der anderen Glaubensgemeinschaft, geschwängert oder zum Glaubensübertritt gebracht zu werden. Ihr Bruder oder Onkel tötete sie, weil ihm das gegenüber dem Glaubensverrat als das kleinere Übel erschien. In den Dörfern hatten die Männer, auch die Jungen, immer noch die Chance, sich zu wehren oder zu fliehen. Den Frauen stand diese Möglichkeit nicht offen. Sie wurden von den Männern ihrer Familie getötet – das galt nicht als Mord, sondern als ein ehrenvoller Tod, den die Frauen selbst gewählt hatten. So wurden sie zu Märtyrerinnen.

Der heute achtzigjährige Bir Bahadur Singh hat die Zeit der Teilung als Kind miterlebt. Im März 1947 wurde in seinem Heimatdorf Thoa Khalsa, in der Region Rawalpindi, gekämpft. Der Teufelskreis von Angriffen und Gegenangriffen, Mord und Vergeltung hatte seinen Anfang 1946 in Kalkutta genommen. Dann griff die Gewalt auf Bihar und schließlich auf den Pandschab über. Bereits in den Monaten vor der Teilung wuchsen die Spannungen. Es gab Kämpfe und Tote. Thoa Khalsa gehörte zu den ersten Ortschaften in Indien, die angegriffen wurden. Hier geschah etwas Außergewöhnliches. Als die Angreifer im Anmarsch waren, kamen die Dorfältesten zusammen, um ihren Widerstand zu organisieren. Die Männer waren zuversichtlich, dass sie im Kampf bestehen würden, fürchteten aber um ihre Frauen und Kinder – sie glaubten, sie könnten gefangen genommen, die Frauen vergewaltigt und alle zum Islam zwangskonvertiert werden. Also beschlossen sie, ihre Frauen zu töten, um sie vor einem Schicksal zu bewahren, das ihnen schlimmer als der Tod schien. Die Frauen, die nicht umgebracht wurden, entschlossen sich – vielleicht unter dem Druck ihrer Männer – zum Selbstmord und stürzten sich in einen Brunnen.

Bir Bahadur Singh erinnert sich, wie er neben seinem Vater stand, als dieser seine damals sechzehnjährige Tochter tötete. Darauf, dass seine Schwester zur Märtyrerin wurde, ist Bahadur bis heute stolz. Aber konnte diese Sechzehnjährige überhaupt begreifen, wofür sie sterben sollte? Was bedeuteten ihr Nation und Vaterland? Und warum geht es bis heute immer um die Verbrechen der anderen, wenn von den Gewaltakten in der Zeit der Teilung die Rede ist? Wir werden diese Gewalt besser verstehen, wenn wir auch zur Kenntnis nehmen, was Männern und Frauen innerhalb einer Gemeinschaft angetan wurde – vor allem den Frauen.

Immerhin gibt es inzwischen doch einige neuere historische Arbeiten in Indien, die sich auch den verborgenen Geschichten zuwenden. Die Erfahrungen der Menschen – der Armen, der Minderheiten, der Frauen und Kinder – während der Teilung kommen allmählich zur Sprache. Und in Indien wie in Pakistan tastet man sich nach und nach an die eigene Geschichte heran. Aber das wird Zeit brauchen: Beide Länder haben keine Übung und auch nicht die Bereitschaft dazu, sich auf einen Prozess der Wahrheitsfindung, Versöhnung oder Vergebung einzulassen, wie ihn andere Länder eingeleitet haben. Auch die Menschen sind noch nicht bereit, anzuerkennen, dass während der Teilung des Subkontinents nicht die einen nur Opfer und die anderen nur Täter waren. Beide Seiten haben Gewalt ausgeübt, und viele Menschen haben das zugelassen und beschlossen, nicht darüber zu reden.

Die alten Briefe in einer Schublade

Aber es gibt Anzeichen einer Veränderung. Vielleicht brauchten die Verletzungen all diese Jahre, um zu verheilen, bevor die Menschen sich ihren damaligen Erlebnissen stellen und einen neuen Anfang machen können. Seit 1947 haben Indien und Pakistan mit wechselndem Erfolg versucht, einen Dialog zu führen. Unterhalb der staatlichen Ebene scheint es dabei auch Fortschritte zu geben. Inzwischen ist jedenfalls die Einsicht gewachsen, dass es Zeit wird, Frieden zu schließen.

Menschenrechtler, Frauengruppen und andere Aktivisten organisieren seit mehr als zehn Jahren Begegnungen zwischen Indern und Pakistanern. Die Idee ist einfach: Die beiden Staaten können einzelnen Bürgern die Einreise verwehren. Aber eine Gruppe von 100 Menschenrechtsaktivisten an der Grenze zurückzuweisen, erregt das Interesse der Medien. Also versuchen bestimmte Gruppen – Rechtsanwälte, Ärzte, Lehrer, Studenten, Schauspieler, Musiker – immer wieder, sich mit Leuten im Nachbarland zu treffen, um über Frieden und Verständigung zu reden. Die Bewegung ist inzwischen so stark, dass sie jede Eiszeit in den indisch-pakistanischen Beziehungen übersteht.

Nach den Anschlägen von Bombay im November 2008 reisten pakistanische Friedensaktivisten nach Indien und plädierten auf zahlreichen Veranstaltungen dafür, Ruhe zu bewahren. Sie machten sogar den unerhörten Vorschlag, eine gemeinsame Untersuchungskommission zu bilden – so etwas war zuvor noch nie im Gespräch gewesen.

Vor vielen Jahren fand eine junge Frau in Pakistan in ihrem Haus ein Bündel Briefe in einer Schublade. Ihr Schwiegervater, ein aus Indien geflohener Muslim, hatte über Jahre eine Korrespondenz mit dem Hindu geführt, dem das Haus einst gehört hatte. In einem der Briefe hieß es: „Ich richte diesen Brief an Sie als Mensch, und ich hoffe, es stört Sie nicht, dass Ihnen ein Hindu schreibt. Wir sind alle Menschen und erst danach Hindus oder Muslime. Ich hoffe, Sie werden mir antworten, weil wir als Menschen miteinander verbunden sind.“ Die Antwort lautete: „Ich habe Ihren Brief immer wieder gelesen. Und ich habe die Empfindung, dass ihn ein Freund geschrieben hat. Ich habe den Brief auch vielen meiner Freunde vorgelesen, die meine Meinung teilten. Wir sind uns einig: Wenn Hindus und Muslime in dem Geist miteinander umgegangen wären, der aus Ihrem Brief spricht, dann wäre das Blutbad vermeidbar gewesen, und unsere beiden Nationen, Indien wie Pakistan, hätten eine glänzende Zukunft vor sich gehabt.“ Sechzig Jahre nach der Teilung des Subkontinents darf man vielleicht hoffen, dass diese beiden Brieffreunde recht behalten.

Aus dem Englischen von Edgar Peinelt Auch Urvashi Butalias Familie aus dem Pandschab wurde 1947 getrennt. Die Feministin und Historikerin gründete 1984 in Delhi den ersten indischen Frauenverlag: „Kali for Women“, aus dem der Verlag Zubaan hervorging, den sie heute leitet. 1998 veröffentlichte Urvashi Butalia mit „The Other Side of Silence: Voices from the Partition of India“ das historische Standardwerk über das Schicksal von Frauen bei der Teilung des Subkontinents. © Le Monde diplomatique, Berlin

Le Monde diplomatique vom 09.04.2010, von Urvashi Butalia