11.08.2006

100 Jahre Kampf gegen die Beschneidung

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100 Jahre Kampf gegen die Beschneidung

Die Frauenbeschneidung in Burkina Faso existierte bereits vor der Ankunft des Islam. Die Ersten, die gegen diese Praxis protestierten, waren Anfang des 20. Jahrhunderts vor allem die dort tätigen weißen Missionare, die damals einige Menschen dazu brachten, ihren Empfehlungen Folge zu leisten. Doch unbeschnittene Frauen hatten große Schwierigkeiten, einen Ehemann zu finden, und wenn es ihnen doch gelang, ließ dieser sie nicht selten nach der Hochzeit verstümmeln.

Nach der Unabhängigkeit von der französischen Kolonialherrschaft im Jahr 1960 rief Maurice Yaméogo, der neue Präsident Obervoltas (so hieß Burkina Faso dann bis 1984), eine Sensibilisierungskampagne ins Leben. Damit handelte er sich jedoch den Vorwurf ein, ein „schwarzer Weißer“ zu sein, und schließlich musste Yaméogo klein beigeben.

1975, im Internationalen Jahr der Frau, kritisierten einige Frauen die Praxis der Beschneidung öffentlich im Rundfunk, woraufhin ihnen Feindseligkeit und Gewalt entgegenschlugen.

Erst 1985 führte Präsident Thomas Sankara die Nationale Frauenwoche ein. Er berief mehrere Frauen auf Regierungsposten, rief sie dazu auf, für die Emanzipation zu kämpfen, und sprach sich außerdem gegen die Polygamie aus, die er gesetzlich einschränkte, sowie gegen die Beschneidung, die er verbot.

Im Mai 1988 versammelten sich bei einem landesweiten Kongress 300 Repräsentanten aller mit dem Thema befassten Organisationen. Aus diesem ging dann im Oktober ein Provisorisches Nationales Komitee gegen die Beschneidung hervor.

Am 18. Mai 1990 erfolgte die offizielle Gründung des Nationalen Komitees gegen die Beschneidung (CNLPE). Seine Ehrenvorsitzende ist bis heute Chantal Compaoré, die Ehefrau des heutigen Staatschefs Blaise Compaoré, der beschuldigt wird, im Oktober 1987 seinen einstigen Weggefährten Thomas Sankara umgebracht zu haben.

Im November 1996 wurde ein gesetzliches Beschneidungsverbot verabschiedet, das im Fall von Verstößen strafrechtliche Sanktionen vorsieht. Nach diesem spektakulären Fortschritt wurde im Mai 1997 ein ständiges Sekretariat des CNLPE eingerichtet und im Jahr 2000 der 18. Mai zum alljährlichen Tag gegen Beschneidung erklärt.

Le Monde diplomatique vom 11.08.2006