10.06.2011

Putins Elterngeld

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Putins Elterngeld

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Die „Mutterkapital“ genannte staatliche Beihilfe (materinski kapital oder matkapital) ist die zentrale Maßnahme des im Mai 2006 von dem damaligen Präsidenten Putin verkündeten „Plans zur Unterstützung der Familien, Mütter und Kinder“. Es wurde am 1. Januar 2011 auf 365 000 Rubel (9 200 Euro) angehoben und steht als einmalige Zahlung jeder Mutter ab dem zweiten Kind zu, egal ob es das eigene ist oder adoptiert wurde. Die Eltern dürfen es erst ab dem dritten Lebensjahr ihres Nachwuchses und auch nur für ganz bestimmte Zwecke verwenden: Ausbildung, Rentenanlage für die Mutter, zum Bau oder der Renovierung von Wohnraum. Im Notfall bekommen die Eltern eine Summe von höchstens 12 000 Rubel (300 Euro) sofort bar ausgezahlt. Seit der Finanzkrise 2008 ist es außerdem möglich, das Geld auch unabhängig vom Alter des Kindes zur Rückzahlung von Darlehen zu nutzen. Das Muttergeld kommt gut an, vor allem bei der bedürftigen Landbevölkerung, auch wenn viele Eltern sich über die strikten Auflagen beklagen.

Das einmalige gezahlte Kindergeld beträgt 11 000 Rubel (275 Euro) ab dem ersten Kind. Zudem gibt es spezielle Zulagen für Kinder, deren Väter den Militärdienst ableisten, sowie Hilfen zur Förderung von Adoption. Während des Mutterschaftsurlaubs von 112 Tagen bezieht die Mutter, die inzwischen Arzt und Klinik selbst wählen kann, ihr volles Gehalt. Die Behandlungskosten werden übernommen.

Die meisten Mütter nehmen auch die von der Sozialversicherung bezahlte 18-monatige Elternzeit in Anspruch. Sie erhalten vom Staat bis zu 40 Prozent des vorigen Gehalts, die Obergrenze liegt bei 13 800 Rubel (350 Euro). Sie können die Elternzeit um weitere 18 Monate verlängern, dann erhalten sie zwar keine Unterstützung mehr, doch werden ihnen die Monate für den späteren Rentenanspruch angerechnet. Seit Kurzem können auch die Väter und sogar die Babuschkas, die Großmütter, Elternzeit beantragen, weil sie in der Kindererziehung traditionell eine wichtige Rolle spielen. Sie sind für die Betreuung auch deshalb oft unentbehrlich, weil die russischen Kinder erst mit sieben Jahren eingeschult werden und Kindergartenplätze rar sind.

Neben den föderalen Mitteln gibt es auch regionale Hilfsprogramme. Der Bezirk Uljanowsk zum Beispiel zahlt Frauen unter 35 Jahren für das dritte Kind einmalig 100 000 Rubel (2 500 Euro), und in Twer haben Mütter, die ihren Elternurlaub auf drei Jahre verlängern, danach ein Anrecht auf eine bezahlte Berufsausbildung.

Le Monde diplomatique vom 10.06.2011